Kritik am Nachschlag
Kritik am Nachschlag
Es gibt eine Kritik von Beteiligten des Festivals zum letzten Text des Kulturkosmos auf deren Website. Ich hatte mich auch über manche Formulierungen des Kulturkosmos gewundert und habe mich gefreut, dass es eine solidarische Kritik dazu gibt. Aber leider ist diese aktuelle Kritik auch keine große Hilfe in der Auseinandersetzung und lässt wieder einmal die Menschen kopfschüttelnd zurück, die einige Teile der (deutschen) linken Bewegung nicht mehr verstehen.
Die Kritik ist hier zu finden: https://faa06062024.wixsite.com/faa06062024 und die Texte der Fusion stehen auf deren Website.
„Es ist wichtig, diesen Diskurs mit Genauigkeit zu führen und nicht mit unreflektierten Schlagworten.“
Sehr gut.
„Wir sind interessiert an einem konstruktiven Dialog mit dem Kulturkosmos“
Sehr gut. Auch der Kulturkosmos hat sich das gewünscht.
„Die realen Bedrohungen, die von Antisemitismus und Islamismus ausgehen und von denen auch am Festival beteiligte Menschen betroffen sind (in Crews, als Artists, als Besucher:innen), negiert ihr nicht nur …“
Diese Behauptung solltet ihr belegen, denn sie hält einer Überprüfung nicht stand. Die korrekte und notwendige Kritik wäre, dass dieser Punkt nicht thematisiert wurde. Das wäre aber etwas völlig anderes, als, wie hier, Negierung vorzuwerfen. Da sich der Kulturkosmos im November und Februar deutlich gegen Antisemitismus ausgesprochen hat, ist dieser Vorwurf also nicht nur ungenau und unkonstruktiv sondern auch unsolidarisch. Schade, der erste Punkt verspielt.
„Wir hätten dieses Jahr als Fusion den Opfern gedenken können und sollen. Stattdessen negiert und revidiert ihr eure Aussagen mit eurem „Nachschlag“.“
Der Text des Kulturkosmos aus dem November war eine der wenigen lauten Stimmen, die ganz klar den Hamas-Terror benannt und verurteilt haben. Davon wurde sich an keiner Stelle distanziert. Der Text mit dem seltsamen Titel „Nachschlag“ beginnt mit „Wir stehen nach wie vor hinter den wesentlichen Inhalten des Februar-Newsletters und betonen die Bedeutung der darin formulierten Erwartungen an alle Fusionist:innen, …“ Diese Zeilen willentlich zu ignorieren, ist auch hier weder genau noch konstruktiv und auch nicht solidarisch. Ich hätte mir gewünscht, dass man den Kulturkosmos auffordert, die Widersprüche zu erklären, anstatt mit neuen Unterstellungen zu manipulieren. Zweiten Punkt leider versaut.
„'Apartheid', 'Genozid', 'Völkermord', 'Zionistische Siedlerpolitik' sind Begriffe, die BDS lange Jahre vor dem aktuellen Krieg in Nahost verwendet, um Israel zu delegitimieren, aktuell jedoch vor allem neue Bedrohungen für DIY Strukturen schafft und ein allgemeines Klima der Angst unter Kulturschaffenden erzeugt.“
Das ist korrekt. Aber weder genau noch konstruktiv. Denn es bleibt absichtlich (denn ich unterstelle den Autor*innen das nötige Grundwissen) unerwähnt, dass diese Begriffe auch außerhalb einer Szene, die Israel delegitimieren möchte, diskutiert werden. Außerhalb und in Israel sprechen sich Menschenrechtsinitiativen und Hilfsorganisationen gegen einen Genozid aus. In der israelischen Linken und Friedensbewegung wird offen der Begriff Genozid verwendet und diskutiert und mehrere Völkerrechtsexpert*innen halten den Vorwurf für nachvollziehbar. Auch der IGH geht damit offen um und sieht mindestens die Gefahr bestehen: „Vielmehr wird Israel gehalten, Schutzmaßnahmen zu ergreifen, um sicherzustellen, dass die militärischen Handlungen nicht gegen Art. II der Völkermord-Konvention verstoßen. Auch wird Israel dazu angehalten, die Versorgungslage in Gaza zu verbessern und Genozid-Anstachelungen im Land zu sanktionieren.“ (https://www.lto.de/recht/nachrichten/n/ ... mas-krieg/)
Auch über die Verwendung des Begriffs „Apartheid“ wird in vielen Kreisen konstruktiv diskutiert, die weder Israel als Staat noch als Gesellschaft delegitimieren wollen. Das wissen die Schreiberlinge des Textes sehr genau. Dem vieldiskutierten Bericht von Amnesty International kann man Ungenauigkeit oder Einseitigkeit vorwerfen aber keinen Antisemitismus. (https://www.lto.de/recht/hintergruende/ ... erbrechen/)
Die Vorwürfe, die hinter diesen Begriffen stecken, können und müssen diskutiert werden. Aber denjenigen, die diese Begriffe verwenden zu unterstellen, man stelle sich damit automatisch auf die Seite der Antisemiten ist falsch und kontraproduktiv. Ihr macht diese Begriffe in der gleichen Art und Weise wie die BDS-Fanatiker*innen zu politischen Kampfbegriffen und sabotiert einen notwendigen Diskurs über Menschenrechte. Das ist nicht genau, nicht konstruktiv, nicht solidarisch und auch nicht emanzipatorisch. Wenn ihr diese rote Linie ziehen wollt, dann könnt ihr das tun. Aber dann erkennt ihr weder das Leid der palästinensischen Zivilbevölkerung an, noch solidarisiert ihr euch mit der israelischen Linken oder den Protesten gegen die Netanyahu-Regierung.
Dann wäret ihr auch auf der Fusion falsch aber ich persönlich würde gerne mit euch auf der Fusion feiern, denn ich kann mir nicht vorstellen, dass wir darüber nicht reden können ohne uns Antisemitismus oder sonstwas vorzuwerfen.
Wenn Begriffe und Definitionen missbraucht werden von Teilen der Propalästinensischen Bewegung, die das Leid der Israelis nicht anerkennen und dschihadistischen Terror verharmlosen und glorifizieren, dann ist es doch wichtig auf Genauigkeit und Differenzierung Wert zu legen, anstatt in einem Anflug von Pseudoradikalität genauso, wie die Gegenseite in Vereinfachungen zu verfallen. Ehrlich, wie dumm!
So wie der Nachschlag ein paar Punkte vergessen hat zu erwähnen und klarzustellen, erwähnt euer Text mit keinem Wort, dass in vielen Medien in Deutschland eine Verunglimpfung aller pro-palästinensischen Demonstrationen und Proteste seit Monaten stattfindet. Natürlich sind da sind auch Arschlöcher dabei. Aber doch nicht alle. Und dass die Fusion einen Weg finden möchte, der diese Menschen nicht ausschließt, was natürlich schwierig und offensichtlich mehr als holprig ist, ist für mich als langjährige Besucherin aber eine Selbstverständlichkeit.
Sorry, meine Zeit ist um. Wir sehen uns auf dem Festival.
Die Kritik ist hier zu finden: https://faa06062024.wixsite.com/faa06062024 und die Texte der Fusion stehen auf deren Website.
„Es ist wichtig, diesen Diskurs mit Genauigkeit zu führen und nicht mit unreflektierten Schlagworten.“
Sehr gut.
„Wir sind interessiert an einem konstruktiven Dialog mit dem Kulturkosmos“
Sehr gut. Auch der Kulturkosmos hat sich das gewünscht.
„Die realen Bedrohungen, die von Antisemitismus und Islamismus ausgehen und von denen auch am Festival beteiligte Menschen betroffen sind (in Crews, als Artists, als Besucher:innen), negiert ihr nicht nur …“
Diese Behauptung solltet ihr belegen, denn sie hält einer Überprüfung nicht stand. Die korrekte und notwendige Kritik wäre, dass dieser Punkt nicht thematisiert wurde. Das wäre aber etwas völlig anderes, als, wie hier, Negierung vorzuwerfen. Da sich der Kulturkosmos im November und Februar deutlich gegen Antisemitismus ausgesprochen hat, ist dieser Vorwurf also nicht nur ungenau und unkonstruktiv sondern auch unsolidarisch. Schade, der erste Punkt verspielt.
„Wir hätten dieses Jahr als Fusion den Opfern gedenken können und sollen. Stattdessen negiert und revidiert ihr eure Aussagen mit eurem „Nachschlag“.“
Der Text des Kulturkosmos aus dem November war eine der wenigen lauten Stimmen, die ganz klar den Hamas-Terror benannt und verurteilt haben. Davon wurde sich an keiner Stelle distanziert. Der Text mit dem seltsamen Titel „Nachschlag“ beginnt mit „Wir stehen nach wie vor hinter den wesentlichen Inhalten des Februar-Newsletters und betonen die Bedeutung der darin formulierten Erwartungen an alle Fusionist:innen, …“ Diese Zeilen willentlich zu ignorieren, ist auch hier weder genau noch konstruktiv und auch nicht solidarisch. Ich hätte mir gewünscht, dass man den Kulturkosmos auffordert, die Widersprüche zu erklären, anstatt mit neuen Unterstellungen zu manipulieren. Zweiten Punkt leider versaut.
„'Apartheid', 'Genozid', 'Völkermord', 'Zionistische Siedlerpolitik' sind Begriffe, die BDS lange Jahre vor dem aktuellen Krieg in Nahost verwendet, um Israel zu delegitimieren, aktuell jedoch vor allem neue Bedrohungen für DIY Strukturen schafft und ein allgemeines Klima der Angst unter Kulturschaffenden erzeugt.“
Das ist korrekt. Aber weder genau noch konstruktiv. Denn es bleibt absichtlich (denn ich unterstelle den Autor*innen das nötige Grundwissen) unerwähnt, dass diese Begriffe auch außerhalb einer Szene, die Israel delegitimieren möchte, diskutiert werden. Außerhalb und in Israel sprechen sich Menschenrechtsinitiativen und Hilfsorganisationen gegen einen Genozid aus. In der israelischen Linken und Friedensbewegung wird offen der Begriff Genozid verwendet und diskutiert und mehrere Völkerrechtsexpert*innen halten den Vorwurf für nachvollziehbar. Auch der IGH geht damit offen um und sieht mindestens die Gefahr bestehen: „Vielmehr wird Israel gehalten, Schutzmaßnahmen zu ergreifen, um sicherzustellen, dass die militärischen Handlungen nicht gegen Art. II der Völkermord-Konvention verstoßen. Auch wird Israel dazu angehalten, die Versorgungslage in Gaza zu verbessern und Genozid-Anstachelungen im Land zu sanktionieren.“ (https://www.lto.de/recht/nachrichten/n/ ... mas-krieg/)
Auch über die Verwendung des Begriffs „Apartheid“ wird in vielen Kreisen konstruktiv diskutiert, die weder Israel als Staat noch als Gesellschaft delegitimieren wollen. Das wissen die Schreiberlinge des Textes sehr genau. Dem vieldiskutierten Bericht von Amnesty International kann man Ungenauigkeit oder Einseitigkeit vorwerfen aber keinen Antisemitismus. (https://www.lto.de/recht/hintergruende/ ... erbrechen/)
Die Vorwürfe, die hinter diesen Begriffen stecken, können und müssen diskutiert werden. Aber denjenigen, die diese Begriffe verwenden zu unterstellen, man stelle sich damit automatisch auf die Seite der Antisemiten ist falsch und kontraproduktiv. Ihr macht diese Begriffe in der gleichen Art und Weise wie die BDS-Fanatiker*innen zu politischen Kampfbegriffen und sabotiert einen notwendigen Diskurs über Menschenrechte. Das ist nicht genau, nicht konstruktiv, nicht solidarisch und auch nicht emanzipatorisch. Wenn ihr diese rote Linie ziehen wollt, dann könnt ihr das tun. Aber dann erkennt ihr weder das Leid der palästinensischen Zivilbevölkerung an, noch solidarisiert ihr euch mit der israelischen Linken oder den Protesten gegen die Netanyahu-Regierung.
Dann wäret ihr auch auf der Fusion falsch aber ich persönlich würde gerne mit euch auf der Fusion feiern, denn ich kann mir nicht vorstellen, dass wir darüber nicht reden können ohne uns Antisemitismus oder sonstwas vorzuwerfen.
Wenn Begriffe und Definitionen missbraucht werden von Teilen der Propalästinensischen Bewegung, die das Leid der Israelis nicht anerkennen und dschihadistischen Terror verharmlosen und glorifizieren, dann ist es doch wichtig auf Genauigkeit und Differenzierung Wert zu legen, anstatt in einem Anflug von Pseudoradikalität genauso, wie die Gegenseite in Vereinfachungen zu verfallen. Ehrlich, wie dumm!
So wie der Nachschlag ein paar Punkte vergessen hat zu erwähnen und klarzustellen, erwähnt euer Text mit keinem Wort, dass in vielen Medien in Deutschland eine Verunglimpfung aller pro-palästinensischen Demonstrationen und Proteste seit Monaten stattfindet. Natürlich sind da sind auch Arschlöcher dabei. Aber doch nicht alle. Und dass die Fusion einen Weg finden möchte, der diese Menschen nicht ausschließt, was natürlich schwierig und offensichtlich mehr als holprig ist, ist für mich als langjährige Besucherin aber eine Selbstverständlichkeit.
Sorry, meine Zeit ist um. Wir sehen uns auf dem Festival.
Re: Kritik am Nachschlag
Danke name999, so inetwa sind auch meine gedanken zur kritik am nachschlag, gut geschrieben, gut argumentiert, nicht einseitig und ausgrenzend, versucht beide seiten kritisch hinterfragend einzubinden, fusionspirit ebend, wir sehen uns auf der fusion.
Re: Kritik am Nachschlag
Btw.würde ich es gut finden, wenn arab.,palast.,israel.,jüdische, russ.,ukrain.,turk, armen.,aserbaidsch. , kurd. Kunstler*innen Etc pp und so weiter und so fort, zum teil, soweit es geht, bzw unter anderem alle auf einer bühne spielen, wie das in den ersten 10 jahren in der datscha bzw. Im ursprünglichen arab Underground in einem der ersten hangars vorne auf dem gelande immer der fall war. Das setzt allein schon vom setting das beste beispiel gegen nationalismus und krieg. Ciao
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Re: Kritik am Nachschlag
<3ilitsch hat geschrieben: So 9. Jun 2024, 04:52 Btw.würde ich es gut finden, wenn arab.,palast.,israel.,jüdische, russ.,ukrain.,turk, armen.,aserbaidsch. , kurd. Kunstler*innen Etc pp und so weiter und so fort, zum teil, soweit es geht, bzw unter anderem alle auf einer bühne spielen, wie das in den ersten 10 jahren in der datscha bzw. Im ursprünglichen arab Underground in einem der ersten hangars vorne auf dem gelande immer der fall war. Das setzt allein schon vom setting das beste beispiel gegen nationalismus und krieg. Ciao
It's not about making the world a better place; it's about making ourselves better persons. The rest comes naturally.
Re: Kritik am Nachschlag
+1ilitsch hat geschrieben: So 9. Jun 2024, 04:14 Danke name999, so inetwa sind auch meine gedanken zur kritik am nachschlag, gut geschrieben, gut argumentiert, nicht einseitig und ausgrenzend, versucht beide seiten kritisch hinterfragend einzubinden, fusionspirit ebend, wir sehen uns auf der fusion.
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Re: Kritik am Nachschlag
+ 1ilitsch hat geschrieben: So 9. Jun 2024, 04:14 Danke name999, so inetwa sind auch meine gedanken zur kritik am nachschlag, gut geschrieben, gut argumentiert, nicht einseitig und ausgrenzend, versucht beide seiten kritisch hinterfragend einzubinden, fusionspirit ebend, wir sehen uns auf der fusion.
Re: Kritik am Nachschlag
100% - Das OP Statement arbeitet mit den genannten Unterstellungen und verkommt zu einem Ragepost. Schade.Name999 hat geschrieben: Sa 8. Jun 2024, 14:10 Es gibt eine Kritik von Beteiligten des Festivals zum letzten Text des Kulturkosmos auf deren Website. Ich hatte mich auch über manche Formulierungen des Kulturkosmos gewundert und habe mich gefreut, dass es eine solidarische Kritik dazu gibt. Aber leider ist diese aktuelle Kritik auch keine große Hilfe in der Auseinandersetzung und lässt wieder einmal die Menschen kopfschüttelnd zurück, die einige Teile der (deutschen) linken Bewegung nicht mehr verstehen.
Die Kritik ist hier zu finden: https://faa06062024.wixsite.com/faa06062024 und die Texte der Fusion stehen auf deren Website.
„Es ist wichtig, diesen Diskurs mit Genauigkeit zu führen und nicht mit unreflektierten Schlagworten.“
Sehr gut.
„Wir sind interessiert an einem konstruktiven Dialog mit dem Kulturkosmos“
Sehr gut. Auch der Kulturkosmos hat sich das gewünscht.
„Die realen Bedrohungen, die von Antisemitismus und Islamismus ausgehen und von denen auch am Festival beteiligte Menschen betroffen sind (in Crews, als Artists, als Besucher:innen), negiert ihr nicht nur …“
Diese Behauptung solltet ihr belegen, denn sie hält einer Überprüfung nicht stand. Die korrekte und notwendige Kritik wäre, dass dieser Punkt nicht thematisiert wurde. Das wäre aber etwas völlig anderes, als, wie hier, Negierung vorzuwerfen. Da sich der Kulturkosmos im November und Februar deutlich gegen Antisemitismus ausgesprochen hat, ist dieser Vorwurf also nicht nur ungenau und unkonstruktiv sondern auch unsolidarisch. Schade, der erste Punkt verspielt.
„Wir hätten dieses Jahr als Fusion den Opfern gedenken können und sollen. Stattdessen negiert und revidiert ihr eure Aussagen mit eurem „Nachschlag“.“
Der Text des Kulturkosmos aus dem November war eine der wenigen lauten Stimmen, die ganz klar den Hamas-Terror benannt und verurteilt haben. Davon wurde sich an keiner Stelle distanziert. Der Text mit dem seltsamen Titel „Nachschlag“ beginnt mit „Wir stehen nach wie vor hinter den wesentlichen Inhalten des Februar-Newsletters und betonen die Bedeutung der darin formulierten Erwartungen an alle Fusionist:innen, …“ Diese Zeilen willentlich zu ignorieren, ist auch hier weder genau noch konstruktiv und auch nicht solidarisch. Ich hätte mir gewünscht, dass man den Kulturkosmos auffordert, die Widersprüche zu erklären, anstatt mit neuen Unterstellungen zu manipulieren. Zweiten Punkt leider versaut.
„'Apartheid', 'Genozid', 'Völkermord', 'Zionistische Siedlerpolitik' sind Begriffe, die BDS lange Jahre vor dem aktuellen Krieg in Nahost verwendet, um Israel zu delegitimieren, aktuell jedoch vor allem neue Bedrohungen für DIY Strukturen schafft und ein allgemeines Klima der Angst unter Kulturschaffenden erzeugt.“
Das ist korrekt. Aber weder genau noch konstruktiv. Denn es bleibt absichtlich (denn ich unterstelle den Autor*innen das nötige Grundwissen) unerwähnt, dass diese Begriffe auch außerhalb einer Szene, die Israel delegitimieren möchte, diskutiert werden. Außerhalb und in Israel sprechen sich Menschenrechtsinitiativen und Hilfsorganisationen gegen einen Genozid aus. In der israelischen Linken und Friedensbewegung wird offen der Begriff Genozid verwendet und diskutiert und mehrere Völkerrechtsexpert*innen halten den Vorwurf für nachvollziehbar. Auch der IGH geht damit offen um und sieht mindestens die Gefahr bestehen: „Vielmehr wird Israel gehalten, Schutzmaßnahmen zu ergreifen, um sicherzustellen, dass die militärischen Handlungen nicht gegen Art. II der Völkermord-Konvention verstoßen. Auch wird Israel dazu angehalten, die Versorgungslage in Gaza zu verbessern und Genozid-Anstachelungen im Land zu sanktionieren.“ (https://www.lto.de/recht/nachrichten/n/ ... mas-krieg/)
Auch über die Verwendung des Begriffs „Apartheid“ wird in vielen Kreisen konstruktiv diskutiert, die weder Israel als Staat noch als Gesellschaft delegitimieren wollen. Das wissen die Schreiberlinge des Textes sehr genau. Dem vieldiskutierten Bericht von Amnesty International kann man Ungenauigkeit oder Einseitigkeit vorwerfen aber keinen Antisemitismus. (https://www.lto.de/recht/hintergruende/ ... erbrechen/)
Die Vorwürfe, die hinter diesen Begriffen stecken, können und müssen diskutiert werden. Aber denjenigen, die diese Begriffe verwenden zu unterstellen, man stelle sich damit automatisch auf die Seite der Antisemiten ist falsch und kontraproduktiv. Ihr macht diese Begriffe in der gleichen Art und Weise wie die BDS-Fanatiker*innen zu politischen Kampfbegriffen und sabotiert einen notwendigen Diskurs über Menschenrechte. Das ist nicht genau, nicht konstruktiv, nicht solidarisch und auch nicht emanzipatorisch. Wenn ihr diese rote Linie ziehen wollt, dann könnt ihr das tun. Aber dann erkennt ihr weder das Leid der palästinensischen Zivilbevölkerung an, noch solidarisiert ihr euch mit der israelischen Linken oder den Protesten gegen die Netanyahu-Regierung.
Dann wäret ihr auch auf der Fusion falsch aber ich persönlich würde gerne mit euch auf der Fusion feiern, denn ich kann mir nicht vorstellen, dass wir darüber nicht reden können ohne uns Antisemitismus oder sonstwas vorzuwerfen.
Wenn Begriffe und Definitionen missbraucht werden von Teilen der Propalästinensischen Bewegung, die das Leid der Israelis nicht anerkennen und dschihadistischen Terror verharmlosen und glorifizieren, dann ist es doch wichtig auf Genauigkeit und Differenzierung Wert zu legen, anstatt in einem Anflug von Pseudoradikalität genauso, wie die Gegenseite in Vereinfachungen zu verfallen. Ehrlich, wie dumm!
So wie der Nachschlag ein paar Punkte vergessen hat zu erwähnen und klarzustellen, erwähnt euer Text mit keinem Wort, dass in vielen Medien in Deutschland eine Verunglimpfung aller pro-palästinensischen Demonstrationen und Proteste seit Monaten stattfindet. Natürlich sind da sind auch Arschlöcher dabei. Aber doch nicht alle. Und dass die Fusion einen Weg finden möchte, der diese Menschen nicht ausschließt, was natürlich schwierig und offensichtlich mehr als holprig ist, ist für mich als langjährige Besucherin aber eine Selbstverständlichkeit.
Sorry, meine Zeit ist um. Wir sehen uns auf dem Festival.
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- Beiträge: 45
- Registriert: Di 24. Aug 2021, 22:50
Re: Kritik am Nachschlag
Kann deinen Beitrag zu großen Teilen nachvollziehen. Ausbalanciert und konstruktiv. Frag mich nur, ob es grundsätzlich richtig ist BDS Unterstützer als Fanatiker zu bezeichnen (sind damit allgemein alle Unterstützer der BDS Kampagne gemeint? oder nur ein gewisser Teil?). Ich kann Kritik an BDS auch verstehen, halte Boykott selbst nicht immer für den richtigen Weg oder produktivsten Weg, und einige vergangene Statements von Mitgliedern dieser Organisation halte ich für relativ problematisch. Allerdings muss man auch folgendes feststellen: in einer idealen Welt könnten wir alle miteinander reden und unser politisches Kapital einsetzen, um etwas zu verändern. Aber viele Menschen/Gruppierungen, die Boykottcampagnen initiieren sind entrechtet und haben keine Macht oder Mittel, um politische Veränderungen außerhalb von radikalen Protesten und Boykottmaßnahmen zu bewirken. Auch die Vergangenheit hat gezeigt, das Boykott eines von verschiedenen Mittel sein kann, Dinge zu verändern. Die Iren boykottierten Charles Boycott (woher das Wort stammt) als Alternative zur Gewalt, die eine der einzigen anderen Optionen ist, die denjenigen bleibt, die keine politische Macht oder keine Plattform für ihre Stimme haben. Die Bauern in Irland konnten ihren Einfluss und ihre Lebensbedingungen durch den Boykott nachweislich verbessern.Ihr macht diese Begriffe in der gleichen Art und Weise wie die BDS-Fanatiker*innen zu politischen Kampfbegriffen und sabotiert einen notwendigen Diskurs über Menschenrechte. Das ist nicht genau, nicht konstruktiv, nicht solidarisch und auch nicht emanzipatorisch. Wenn ihr diese rote Linie ziehen wollt, dann könnt ihr das tun. Aber dann erkennt ihr weder das Leid der palästinensischen Zivilbevölkerung an, noch solidarisiert ihr euch mit der israelischen Linken oder den Protesten gegen die Netanyahu-Regierung.
Zu den Bürgerrechtsbewegungen in den USA gehörten Boykotte, und sie waren für die Emanzipation der Sklaven ein wichtiges Mittel. In Südafrika boykottierten die Menschen die akademische Welt, weil progressive Akademiker zum Schweigen gebracht wurden, was auf globaler Ebene zu erheblichem Druck gegen die südafrikanische Apartheid führte.
Und für viele von uns, die nicht in einer Lebensrealität aufgewachsen sind, die so unglaublich düster wie die der Palästinenser ist, ist es natürlich leicht zu sagen " Na sucht euch doch mal nen anderen Weg".
Anitdeutsche sind keine Linken
Re: Kritik am Nachschlag
Vielen Dank Name999