Predigt & Praxis - Liebe und Ernüchterung

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Bekind
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Registriert: Di 4. Jul 2023, 17:22

Predigt & Praxis - Liebe und Ernüchterung

Beitrag von Bekind »

Liebe Fusion,

wir durften - wie so oft zuvor - auch dieses Jahr alle wunderschöne Momente mit dir erleben, tolle Acts entdecken, von denen wir noch nie gehört hatten, uns verzaubern lassen von Verkleidungen und Artistik, deine verwinkelsten Ecken entdecken, bis in die Morgenstunden auf hunderte Weisen tanzen und diese Erfahrungen mit vielen großartigen Menschen teilen.

Und dennoch bleibt - wie aus denn bisherigen Beiträgen gut zu lesen - bei einigen von uns eine gewisse Ernüchterung zurück.

Du hast uns über geraume Zeit gelehrt, auf ein harmonisches Miteinander Acht zu geben und einander Raum zur freien Entfaltung zu lassen, politisch zu sein in allem, was wir tun, kritisch mit bestehenden Systemen umzugehen und sie immer wieder zu hinterfragen, offen für alles, was abseits der alltäglich sichtbaren Gesellschaft passiert.
Wir haben gemeinsam über Recht und Unrecht, Rasissmus, das Patriachat, Utopien und Konsum diskutiert. Haben dich gelobt, verteidigt, dich finanziell unterstützt und jedes Jahr wieder mitgefiebert, wenn es um die Ticketvergabe ging.
Eben weil du nicht nur ein weiteres Musikfestival warst, sondern dich trautest eine klare Meinung zu vertreten. Weil Inhalte wichtiger waren als Line-Ups, jeder willkommen war, der sich für ein paar Tage auf die Spielregeln der Freizeitkommune einlassen wollte und weil das Outfit dabei echt sowas von zweitrangig war.

Nun steht man also dar mit seinem Idealismus und seiner Vorstellung, dass es für ein paar Tage im Jahr doch immer anders sein konnte und kommt nicht umhin, sich nach der vergangenen Woche zu fragen, ob es schlichtweg einfacher ist, Kritik am Kommerz zu üben, wenn man nicht selbst von ihm profitiert und sich gegen die Missstände der Arbeitgeber-Welt zu positionieren, wenn man nicht selbst eine große Anzahl an Mitarbeitern unter einen Hut zu bekommen hat. Und natürlich schmeichelt es dem Ego, wenn neben den kleinen Künstlern vermehrt auch die richtig großen in den eigenen 4 Wänden Gehör finden wollen.

Ich glaube die Notwendigkeit von Kompromissen ist jedem, der sich mit den o.g. Themen einmal befasst hat bewusst, aber die Liebe für die Fusion wäre bei mir doch umso größer, wenn man trotz der Wahlmöglichkeit seinen Idealen treu bliebe und im Lärm der großer Show die Inhalte die uns zusammenhalten (und heute wichtiger sind denn je) nicht leise untergehen lässt.

Ich bleibe zuversichtlich und hoffnunsvoll, dass wir nach dem Ausflug in die Sphären eines Mega-Events, brutaler Instagram Reichweite, vielen Egos, Gerempel, vollen Floors und großen Artist-Names auch wieder Fusion-Jahre erleben werden, in denen wir uns in einer vibenden Menge von z.B. 50.000 Fusionist:Innen bewegen werden, ausschließlich kleine, wenig-technoide Acts (oder Acts unter Pseudonym) zur Wahl stehen, die wir gerne entdecken und im Nachhinein supporten. Viele, weitere Jahre, in denen wir respektvoll miteinander umgehen, im Kino alle einen Platz für unsere Lieblingsfilme finden und uns wieder mehr über Inhalte austauschen, die wir alle mit in den Alltag tragen können, anstatt über das perfekte Festival-Outfit, oder die Haken, die wir dieses Jahr in unseren Festival Kalendern gemacht haben.

Ein bisschen Utopie und Träumen wird ja wohl noch erlaubt sein! ;) - Wer wäre dabei?
t1ll
Beiträge: 13
Registriert: Mi 21. Dez 2011, 02:13

Re: Predigt & Praxis - Liebe und Ernüchterung

Beitrag von t1ll »

Oh, das klingt schön! Ich wär (wieder) dabei!
wolfimschafspelz
Beiträge: 118
Registriert: Di 14. Sep 2021, 13:46

Re: Predigt & Praxis - Liebe und Ernüchterung

Beitrag von wolfimschafspelz »

Make fusion small, make Fusion Great again!
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