Sleepdancer hat geschrieben: ↑Fr 16. Sep 2022, 14:09
Es geht doch darum, dass die Fusion ein Vorreiter Festival ist. Dennoch könnten mutigere neue Wege gegangen werden.
Festivalanreise mit Autos is so unnötig und einfach zu lösen.
Sorry, aber das erscheint im Moment als noch utopisch. Ja, die Leute könnten und sollten weniger Auto fahren und ihre Autos teilen und generell weniger Autos besitzen. Aber "Festivalanreise mit Autos ist unnötig"? Das kann man behaupten, wenn Deutschland eine anständige und kostengünstige Infrastruktur für öffentliche Personenbeförderung hat. Oder wenn genug Bassliner aus dt. Großstädten kommen. Oder wenn es ein wirklich gut organisiertes Mitfahrer-Forum gibt, in dem alle einen Platz finden. Autos sind Teil unserer Gesellschaft und in der näheren Zukunft werden sie auch nicht verschwinden. Zu erwarten, dass die Leute es so sehen wie du und ohne Auto anreisen ist eine naive Utopie.
Und das mag vielleicht ein wenig egoistisch klingen, und ist auch irgendwo etwas verwöhnt, aber Zug und Bus ist bestenfalls akzeptabel, meistens kacke. Und ich persönlich bin gern auf Eventualitäten vorbereitet, dementsprechend habe ich auch mehr Gepäck dabei und meine Taschen sind größer als die, der meisten Gäste. Ich bin kein Fan vom leichten und minimalistischen reisen. Zudem bin ich ein großer Mensch, Zug und Bus sind für den Durchschnittsmenschen gebaut, ich hab sowieso schon das Problem mit Bein- und Bewegungsfreiheit auf Fahrten (nein, das ist kein mimimi, ja ich brauche diese wirklich), die länger als 1-2 Stunden gehen, dazu kommt noch mein Gepäck. Zur Fusion durch halb Deutschland anzureisen ist somit eine Tortur, plus der Stress durch die ganzen Menschen, die auch die Urlaubs-/Festivalsaison nutzen wollen.
Ja, es ist privilegiert sowas zu sagen, aber sorry, ich sehe es da nicht ein mir diesen Abfuck zu geben, nur weil Leute wie du denken, dass wir alle ohne Auto kommen sollten. Wir alle haben auch so schon genug Stress im Leben und im Sommer will ich mal entspannen und mir auch klein bisschen Luxus gönnen und da habe ich einfach keinen Bock auf den Abfuck im Zug/Bus. Ich denke wir haben alle gesehen, zu welcher Überlastung das 9€- Ticket diesen Sommer bei der Bahn führte. Und die Bahn kann sich ja schlecht mal so Züge ausm Hut zaubern, die kommen ja mit dem normalen Betrieb kaum hinterher...
@kuestjung83 Wenn du ein Status-Auto fährst und es dann zwischen der Karl-Marx-Allee und dem Ho Chi Min Pfad parkst, solltest du schon mal drüber nachdenken, wie dieses Privileg zustande kommt.
Nur durch Externalisierung der Kosten, die wir alle tragen. Es geht nicht darum jemanden zu verurteilen, es geht darum, dass der Status Quo in Frage gestellt werden muss. Die KFZ Steuer reicht noch lange nicht aus um die Kosten zu decken. Genauso können weitere Subventionen wie Geschäftswagen diskutiert werden. Umweltprobleme sollten dir bewusst sein.
Die Menschen sind alle cool. Dass sie ihre Privilegien als solche noch nicht mal erkennen, sollte diskutiert werden.
Ständig hört man "check your privilege!" aber nur selten wird weiter aufgeklärt was man eigentlich von den Leuten mit der Aussage will.
Mal angenommen ich hab mir ein etwas teureres Auto gekauft mit Geld, das ich mir erarbeitet habe. Nicht weil ich protzen will, sondern weil ich mich für Autos interessiere und mir ein cooles Auto gönnen wollte. Ja, ich bin privilegiert, und weiter? Soll ich mich jetzt deshalb schlecht fühlen? Mein Auto deshalb Zuhause lassen? Mir kein hochwertigeres Auto kaufen? "Check your privilege" klingt für mich oftmals nach einer Anklage oder Schuldzuweisung und weniger nach begründeter Kritik. Wieso sollte ich mich irgendwie dafür rechtfertigen, dass ich das Auto fahre, das ich fahre?(sofern es natürlich nicht was total übertrieben dekadentes oder verschwenderisches ist, wie z.b. riesige amerikanische Autos mit lächerlich hohem Verbrauch)
Liegt es auch nicht irgendwo ein Stück an dir, dass du dich an Status-Autos störst? Ich verstehe natürlich die Kritik, aber teure Autos anprangern ist wie das Anprangern, dass Leute auf dem Festival teure Klamotten oder aktuelle iPhones haben. Oder dass sie gängige und von der Gesellschaft propagierte Schönheitsstandards erfüllen. Ja, sind alles Privilegien. Vielleicht sind sich nicht alle dessen bewusst (aber das von allen zu erwarten ist auch utopisch, es ist schließlich ein diverses Publikum), aber schon ein gutes Stück behaupte ich mal in meinem Optimismus.
Ja, der Kapitalismus, Materialismus und Fokus auf Status in unserer Gesellschaft sind scheisse. Aber Menschen besitzen nun mal gern Dinge und belohnen sich gern auch mal mit etwas Schönem. Und das kann auch mal ein Porsche sein. (Ganz nebenbei erwähnt: Von den ganzen teuren Status-Autos, die man kaufen kann ist Porsche bei weitem nicht so dekadent oder angeberisch wie ihr denkt. Klar sind die teuer, aber wirklich protzig schnelle Autos wären Sachen wie Lamborghini, Ferrari, Bentley oder Aston Martin. Zu sagen "Du bist mit deinem Porsche ein protziger Bonze" ist wie die Aussage "Du bist mit deiner Körpergröße von 180cm und deinem Körpergewicht von 95kg zu dick!")
Sofern ich nicht damit verantwortungslos oder sonst irgendwie dumm umgehe, wo ist das Problem? Dass du dich daran störst? Sorry, aber man kann es nicht allen recht machen, und dass du dich an meinem Auto störst ist nicht mein Problem, so hart es auch klingt. Mich stören ebenso Dinge, die andere Menschen machen, Dinge, an denen ich ebenfalls begründete Kritik finde. Wo ist
mein Recht darauf es anzuprangern? Muss ich das überhaupt?
Was ist damit, dass bei uns in der Szene wie ein Schlot geraucht wird? Dass damit eine der asozialsten Industrien überhaupt unterstützt wird? Dass damit Nichtraucher belästigt werden, die Umwelt verpestet wird? Nur um mal ein Beispiel zu nennen, das ebenfalls fragwürdig, und ebenfalls damit begründet werden kann, dass man sich auch mal was gönnen will. Und wer ist denn bitte die ganze Zeit den eigenen Prinzipien und dem Moralkodex super treu und macht nichts unanständiges?
Ein progressives Festival kann Festivalanreise neudenken oder auch nicht. Mehr nicht.
War Lenin auf dem FusionTicket vor ein paar Jahren nur Deko, oder sollten wir alle mal etwas mehr drüber nachdenken wie wir unser Leben verändern können?
Ja, die Fusion war schon immer politisch. Aber gleichzeitig ist es ein hedonistisches Festival, wo es auch darum geht von dem Alltag zu entfliehen.
Von einem Publikum, das zu einem guten Stück bei weitem nicht immer nüchtern ist, zu erwarten, dass sie aufgeklärt und kritisch übers Gelände laufen ist ein bisschen viel erwartet.
Ebenso ist es ein bisschen viel erwartet, dass alle im Publikum so kritisch über die oben erläuterten Punkte denken.
Deine Kritik klingt nach dem typisch idealistisch-linkem Denken, das an sich nicht schlecht ist, aber mal schnell mal an der Realität vorbei gehen kann. Ja, die Welt könnte ein schönerer Ort sein. Aber sieh dich doch mal um, wir, das sog. "linkgsrünversiffte gesellschaftliche Abseits" wie es der ungebildete und unreflektierte Kartoffeldeutsche sagen würde, sind immer noch eine Minderheit. Und es ist richtig und wichtig über sowas zu reden, und so langsam scheinen sich Dinge ja auch ein bisschen zu verändern, zumindest in einigen Aspekten. Aber die Welt ist nach wie vor ein ziemlich mieser Ort und es gibt eine riesige Menge Probleme und Faktoren, die gegen uns arbeiten. Deine Kritik und deine Vorschläge sind im Moment utopisch, selbstreferenziell und gehen an der aktuellen Realität unserer Welt und der Menschen vorbei.
Wie willst du denn deine genannten Probleme lösen? Den Status quo hinterfragen? Und weiter? Das was du kritisierst hängt mit unzähligen anderen Faktoren und Problemen zusammen, die alle miteinander ein mega komplexes und kompliziertes, mehrschichtiges Konstrukt ergeben. Und dieses Gebilde lässt sich nicht mit einfachen Lösungen wie autofrei anreisen, kommunistischen Idealen oder der Erinnerung an die Privilegien auflösen.