Ich kann mich z.B. sehr mit dem Geist der Fusion als "Ferienkommunismus" (warum nur in den Ferien?

Gleichzeitig bin ich schon seit Kindesbeinen an Fußballfan, ich kicke gerne, schaue mir gerne spiele an, fiebere auch gerne mit und analysiere auch gerne das Spiel an sich.
Ich feuere auch unsere Nationalelf und jeden der Spieler an, ganz klar, mir ist ebenso bewusst, welche Maschinerie hinter solchen Turnieren, der Bundesliga oder anderen Ligen steckt, was man durchaus kritisieren kann und vielleicht sogar muss.
Und überhaupt, wenn ihr schon das Fußballgeschäft kritisiert, was ist mit dem Bier, das ihr auf der Fusion trinkt oder andere Dinge, die ihr dort konsumiert. Meint ihr die kommen aus einem kommunistischen Paradies? Die kommen aus der selben Maschinerie, die ihr anprangert. Hinterfragt mal euer eigenes Verhalten konsequenter und ihr werdet sehen, ihr verhaltet euch genauso "verachtenswert" wie wir Fußballfans. Jedenfalls hab ich letztes Jahr auf der Fusion Keinen gesehen (vielleicht gab's ja welche, kann ja sein), der sich seine Konsumgüter, also vorrangig Essen und Trinken, alle selbst hergestellt und die Bestandteile nicht irgendwo aus der Maschinerie erlangt hätte.
Dabei wird aber etwas Grundlegendes vergessen, nämlich der Spaß am Spiel. Wir Menschen und auch viele andere Tiere haben einen gewissen Spieltrieb in uns, wegen dem wir gerne Spiele spielen, ob das nun Stein, Schere, Papier, Schach, Kartenspiele, Videospiele oder eben Sport ist. Aus einem ähnlichen Trieb gehen wir wahrscheinlich auch gerne auf ein Festival und tanzen zu schöner Musik und genießen es.
Für mich gehört zu diesem Spieltrieb nicht nur das Kicken selbst, sondern eben auch das Zuschauen. Es macht einfach Spaß! Wer das nicht so sieht, dem steht es doch frei, sich davon fernzuhalten.
Aber wieso stellt ihr euch so über die anderen Menschen und wollt es ihnen verbieten? Verbieten wir euch, Musik zu hören oder sonst irgendwie zu spielen oder auf der Fusion Spaß zu haben? Kann man nicht das Spiel ansich und den ganzen Quatsch hinter der kritikwürdigen Inszenierung des ganzen Spektakels getrennt betrachten? Wieso soll ich Fußball auf hohem Niveau verzichten, nur weil da für irgendeinen Scheiß geworben und massenhaft Geld verbrannt wird? Ich kann mich doch der Werbung entziehen und den finanziellen Wahnsinn verurteilen und trotzdem gerne zugucken.
Und ja, ich feuere dann auch Deutschland an und trage das Trikot (vielleicht nicht auf der Fusion), weil ich hier geboren bin und mir dieses Land mehr am Herzen liegt als z.B. der Iran, aus dem meine Eltern kommen. Vielleicht versteht man das auch nicht, wenn man nicht woanders herkommt, denn dann ist es einfach, hier alles schlecht zu reden. Tatsächlich ist es aber anderorts viel schlimmer. Was nicht heisst, dass hier trotzdem unglaublich viel falsch läuft und ich teilweise vor Wut platzen könnte, weil das System hier ungerecht ist (beispielsweise dieser Leistungsgedanke) und der Kapitalismus hier irgendwie alles durchdringt. Trotzdem sollte man den Blick auf die ganze Welt nicht verlieren - und da bin ich dann doch ganz froh, hier geboren zu sein und nicht in einem viel unfreieren Land. Dafür bin ich sogar dankbar!
Und trotzdem fände ich es besser, wenn die Leute auf der Welt nicht mehr in diesem Nationendenken gefangen wären, weil wir alle eine Welt sind, wenn die Leute nicht mehr nur das Wohl/Leid der Menschen, sondern aller Tiere und Lebewesen beachten würden. Das hält mich aber nicht davon ab, mich hier wohler zu fühlen als woanders (es gibt durchaus andere Orte/Länder auf der Welt, wo ich auch gerne leben würde) und dem Team dieses Landes zuzujubeln, vor allem, weil ich das Team mit seinen Spielern gut finde. Das hat mit Nationalismus nicht unbedingt etwas zu tun. Guckt euch andere Länder an, wie die nationalistisch abgehen und wie es da völlig Gang und Gäbe ist. Allein die Nationalhymnen sind viel martialischer, viel selbstzentrierter, viel nationalistischer. Auch die Selbstwahrnehmung ist, nehmen wir mal unsere französischen Nachbarn oder auch die USA, definitiv anders. In Deutschland ist man immer viel selbstkritischer, was wohl auch an der Geschichte liegt. Hier kommen die Fahnen nur zu EM/WM raus und danach wieder weg. In anderen Ländern hängen die permanent. Also sollte man doch froh sein, dass es hier nicht so extrem abgeht, sondern wenigstens etwas mehr in die richtige Richtung. Wenngleich ich so eine einfache Flagge erstmal gar nicht so schlimm finde, es sind nur ein paar Farben, es kommt auf die Gedanken in den Köpfen an!
Ihr lebt doch auch in diesem Land, obwohl ihr die politische Ordnung verurteilt. Wie fändet ihr es denn, wenn man euch vorwerfen würde, trotzdem noch hier zu leben? Provokativ gesagt: Wenn ihr es hier scheiße findet, wieso seid ihr dann noch hier? Wieso geht ihr zur Fusion, die doch auf dem Boden des Staates oder der Welt stattfindet, die ihr so schlimm findet? Merkt ihr was? Es ist einfach ein Schwachsinnsargument, das ihr selber nicht halten könnt. Lasst doch einfach alle ihren Spaß haben, wie sie wollen, und uns alle unsere Fusion genießen.
Es gibt wirklich gravierendere Probleme auf der Welt, wegen denen man sich streiten könnte, als die Frage, ob man auf der Fusion Fußball gucken darf!
Für mich ist die EM genauso eine Art, aus dem Alltag auszubrechen, wie die Fusion. Nur auf völlig andere Weise und anderer Ebene.