perceptron9000 hat geschrieben: ↑Mo 17. Mai 2021, 17:25
Und wie das wäre, wenn es gelungen wäre die Forderungen der Querdenkenden zu erstreiten?
Es gibt international betrachtet doch zahlreiche Beispiele, und sie alle widerlegen die von dir betriebene Schwarzmalerei ziemlich eindeutig:
FL,TX,SD (bzw. inzwischen die Hälfte aller US-Bundesstaaten), Schweden, Weissrussland, Afrika...auch China scheint seit geraumer Zeit keinerlei Probleme mehr zu haben. Die Projektion fiktiver Horrorszenarien genügt meiner Ansicht nach nicht, um Grundrechte zu eliminieren – und wer Menschen jedwede individuelle Eigenverantwortlichkeit aberkennt, kuschelt eindeutig mit dem Totalitarismus. Man hat durchaus ein Recht, sich Risiken auszusetzen.
Der Großteil deiner Beispiele wird immer wieder von den "Maßnahmen-Gegnern" angeführt, aber leider wird das immer nur irgendwo nachgeplappert. Meistens verkürzt und ohne einen größeren Kontext zu betrachten. Wie etwa, dass in Florida sich viele Leute während des Springbreaks infiziert haben, diese Infektionen dann aber in andere Staaten getragen haben und dort dann registriert wurden. Oder dass Schweden sehr wohl Maßnahmen hatte, weil ihre Todeszahlen explodiert sind.
"Afrika" (übrigens ein Kontinent und nicht gerade ein kleiner) hat erstens Probleme bei der Erfassung und zweitens eine völlig andere Demographie als Deutschland.
Und Chinas Zahlen... naja. Autoritäre Staaten behaupten gerne mal etwas anderes, als die Realität dann offenlegt. Wie man zum Beispiel in Russland inzwischen weiß (
https://www.tagesspiegel.de/politik/ueb ... 87480.html) oder wie sich auch in Trumps Amerika gezeigt hat (
https://www.aerzteblatt.de/nachrichten/ ... n-COVID-19 - der Fairness halber aber auch noch eine andere Perspektive:
https://www.demogr.mpg.de/de/news_event ... hkeit_8956)
Die "fiktiven" Horrorszenarien können durchaus wahr werden, wie einige Beispiele vor allem zu Beginn der Pandemie gezeigt haben, als es noch keine Maßnahmen gab (Italien, UK, New York, Madrid). Aber es kommt eben auf ganz schön viele Faktoren an. In Deutschland haben wir schnell reagiert, deswegen ist der Supergau größtenteils ausgeblieben. Deswegen bekommen wir es aber leider mit dem Präventionsparadoxon hierzulande zu tun. (
https://leitbegriffe.bzga.de/alphabetis ... nsparadox/)
Und darüber hinaus wurden keine "Grundrechte eliminiert", sondern einige wenige klar begrenzt eingeschränkt. Das ist finde ich durchaus vertretbar im Rahmen einer Pandemie. Deine Freiheit hört dort auf, wo die Allgemeinheit gefährdet wird - das hat nichts mit "Totalitarismus" oder dem immer wieder beschworenem, fiktiven "Recht auf Risiken" zu tun.
Dass einige Maßnahmen quatsch waren und die Regierung vor allem in langfristiger Perspektive völlig versagt hat, dem will ich gar nicht widersprechen. Aber dass jetzt jeder Dahergelaufene drei Artikel im Internet liest und sich zwei Videos auf Youtube anschaut und dann meint, er verstehe die Welt voll und gänzlich ist einfach hirnrissig. Und dass man dann auch noch auf semi-rechte und selbst durchaus faschistoide und totalitäre Vollidioten reinfällt, die sich mit ihrer "Pandemie-Kritik" eine goldene Nase verdienen, weil sie der allgemeinen Unzufriedenheit eine Stimme geben und sie mit gefährlichem Halbwissen anstacheln, ist nicht nur bedrohlich und dem Protofaschismus durchaus nahe, sondern auch einfach nur traurig.
Es ist wichtig, bei einer Pandemie zu handeln und das kann auch bedeuten, dass das öffentliche Leben auf eine gewisse Zeit eingeschränkt wird. Covid-19 ist gefährlich, nicht nur wegen den akuten Erkrankungen, sondern auch den Spätfolgen und der Auslastung des Gesundheitssystem. Aber die Regierung hat mit ihrer ewigen "bloß nicht der Wirtschaft schaden"-Politik und ihrer schützenden Hand über der Pharma-Industrie leider genau den falschen Weg eingeschlagen. Wir könnten aus der Scheiße schon lange draußen sein (oder zumindest sehr viel besser dastehen), aber stattdessen dümpeln wir seit bald 7 Monaten im "Lockdown Light" herum. Und wir hätten die Milliarden, die in die Autoindustrie, Fluggesellschaften oder Kreuzfahrtunternehmen geflossen sind auch einiges positiveres bewirken können. DAS ist der Fehler. Und nicht, dass man etwas gegen die Pandemie tun will.