No shirt, no service

Komischer Vogel
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Re: No shirt, no service

Beitrag von Komischer Vogel »

Ich habe da noch so eine Verständnisfrage:
Geht es denn wirklich so sehr um Nacktheit auf dem Festival oder nur an den Bars?
Es heisst ja "no shirt - no service" und nicht "no shirt - no party".
Wenn mensch als Servicearbeiter*in nicht mit Nacktheit konfrontiert werden will, dann sollten das alle respektieren. Schließlich kann mensch da ja nicht einfach weggehen. Um es dann einzelnen zu ersparen sich zu positionieren, finde ich ein allgemeines Gebot richtig.
Vielleicht sollte man diese beiden Bereiche: Bar - Party in der Diskussion getrennt betrachten...
Und auch wenn ein Floor wie der Workshophangar Regeln aufstellt, damit sich alle wohlfühlen und die Angebote nutzen können, halte ich das für eine andere Diskussion als die um Nacktheit in der (Festival)-Öffentlichkeit.

Was ich auch nicht verstehe, ist welchen Unterschied es machen soll, sich die "Nippel abzukleben" (Pasties), aber ansonsten nackt zu sein? Das erinnert mich doch irgendwie an die Werbeindustrie wie auch an das prüde Amerika: solange keine Brustwarzen zu sehen sind, ist alles ok. Die Auswirkung der Nacktheit auf andere bleibt aber doch die gleiche, wenn mensch sich mit seinem Körper nicht wohlfühlt, wird das auch nichts helfen, oder? Und ist es dann mit Bikinis nicht ähnlich?
Wo ist denn dann die Grenze? Ab wie viel Nacktheit oder Körperbetonung könnte sich jemand gestört fühlen? Gelten dann für die Geschlechter unterschiedliche Grenzwerte?


"Check your privilege" finde ich allgemein schon einen wichtigen Ansatzpunkt und berechtigte Forderung!
Mir ist es wichtig über Strategien zur Befreiung zu beraten und dem Roll-back entgegenzuwirken.
So gibt es meiner Meinung nach auch (zu) viele junge Cis-Frauen, die sich leichtfertig oder einfachheitshalber in eine "Püppchen"-Rolle begeben, (siehe YouTube und Instagram Models).
Und so müssen dann alle ihr Privileg hinterfragen, wenn sie den momentanen Schönheitsidealen entsprechen und mit ihrer (fast)-Nacktheit zur Sexualisierung und Objektivierung des (weiblichen) Körpers beitragen, wenn sie leicht bekleidet oder nackt auf dem Festival sind. Oder?

Die Angst davor "nicht zu Gefallen" ist uns allen tief eingeschrieben (und "Frauen" sicherlich mehr als "Männern") und vielen dürfte diese Grundangst gar nicht bewusst sein. Und das halte ich für einen entscheidenden psychischen Grundpfeiler von Unterdrückung... (neben anderen, vor allem auch materiellen und rechtlichen).
Und diese Angst muss thematisiert und aufgelöst werden. Unser Selbstwertgefühl muss unabhängiger werden vom Gefallen anderer.
dready
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Re: No shirt, no service

Beitrag von dready »

Gewohnheit ist m.M.n. eine Sache, die zum großen Teil zur Desexualisierung beiträgt, denn es nimmt dem Ereignis des Nackt-seins das ungewöhnliche und macht es zu etwas alltäglichem. Hier interessiert sich niemand mehr dafür, wenn eine Frau im Sommer in einem kurzen Rock rumrennt, weil es etwas alltägliches ist - mach das mal in Ländern, wo die Leute eher den Anblick einer Burka gewohnt sind, da wird dann vermutlich mehr gegafft als wenn hier eine Frau oben ohne rumrennt, einfach weil es ungewohnt ist.

Es braucht i.d.R. immer ein paar sehr selbstbewusste Menschen, die sich nicht einschüchtern lassen von irgendwelchen gesellschaftlichen Normen und einfach ihr Ding durchziehen (z.B. Oberkörperfrei herumlaufen), und so anderen zeigen, dass es völlig in Ordnung ist und man sich nicht schlecht fühlen oder schämen muss, wenn man von den Normen abweicht. So werden gesellschaftliche Normen gebrochen und daraus neue entwickelt - nicht, indem man versucht, die Norm "Nackheit ist Tabu" für alle geltend zu machen.
Ich hatte mich auf der Fusion über die Schilder gewundert, und dann danach mal im Forum gesucht. Hintergrund ist schon der, den ich vermutete. Ich bin ein weißer Hetero-Mann aus West-Europa (nicht DL) - und es kann wirklich nicht schaden sich mal über seine Priviligien gedanken zu machen (meine demografische Gruppe hat einige davon) und sich ein Bewustsein dafür zu entwicklen. Und die Schilder können dazu offensichtlich einen Beitrag leisten gesehen die Länge dieses Threads.

Trotzdem bin ich nach viel nachdenken und diskutieren über dieses Thema der Meinung, dass es nicht der richtige Weg ist die priviligierte Gruppe sein Privileg weg zu nehmen und schließe mich oberes Zitat an. Vielleicht ist der Vergleich schief, aber stell dir vor die LGBT-Bewegung wäre mit diese Methode das Hetero-Privilig öffentlich händchen zu halten, gearmt zu laufen oder zu knutschen angegangen. Dann dürfte das jetzt keiner mehr... Ich bin Dankbar das über jahrzehte genug mutige Männer und Frauen es durchgezogen haben und es jetzt (leider noch lange nicht überal) durchaus akzeptiert ist. Auf der Fusion muss sich glaube ich auf jedenfall kein Homo/Lesbienne mehr eingeschüchtert fühlen... Und definitiv ein besseres Ergebnis als ein komplettes verbot auf PDAs (Public Dispays of Affection).

Und ich bin auch davon überzeugt, dass nacktheit unproblematischer wird wenn es alltäglicher wird in bestimmte situationen. Wir waren nach der Fusion 4 Tage auf einem FKK-Zeltplatz an der Seeenplatte, und da kam mir die Diskussion dann schon leicht albern vor (-: Als wir danach an einem FKK-Strand an der Ostsee waren, und feststellten dass weit über 90% der Besucher trotzdem Textil trugen, haben wir schon gemerkt das dadurch Hemmungen entstehen sich auszuziehen.

Ich habe einige Topless Frauen rumlaufen sehen, und mich wurde schon interessieren wie die das Erfahren haben - ob Fusion dafür ein relativer Safe Space ist, oder nicht. Aber sie haben mein Respekt verdient...
Complex
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Re: No shirt, no service

Beitrag von Complex »

dready hat geschrieben: Fr 13. Jul 2018, 15:54... Wir waren nach der Fusion 4 Tage auf einem FKK-Zeltplatz an der Seeenplatte, und da kam mir die Diskussion dann schon leicht albern vor (-: ...
Vielleicht wird´s mal zeit für einen Topless-Flashmob der mutigen. Wenn sich dann alle die´s nötig haben ordentlich den Hals verrenkt haben sind ja vielleicht auch alle entspannter?

Also ich,( dann wohl cis*mann - danke für die Begriffsdefinitionen! @infoladen) bin auf der Fusion auch nicht oben-ohne rumgelaufen - trotz Unkenntnis dieser Regel - weil es für mich eben als unbekannte Veranstaltung auch kein "safe space" war. Ich kann das Anliegen hinter dieser Regel auch nachvollziehen. Es gibt trotzdem einige Ungereimtheiten - ich würde sogar sagen kognitive Dissonanzen, die ich nicht so recht verstehe.

1.(Please?) keep your t-shirt on. In solidarity. vs No shirt, no service

Dies sind für mich zwei völlig unterschiedlich Ansätzen. Das schlimme ist, wenn es eine regel ist - ich muss mein Shirt anziehen - dann kann ich gar nicht mehr solidarisch sein. Solidarität kann ja nur eine freiwillige geste sein. Leute bei der Müllabgabe mit Megaphon zu traktieren erzeugt kein Verständnis sonder allenfalls Gehorsam im Wirkungsbereich. Ähnlich einer Drogenkontrolle der Polizei.

2. Ich kann mich nicht ausziehen (als frau) vs. ich will mich nicht ausziehen.

Ersteres ist ist natürlich eine dramatische und bittere Realität für einige und es ist gut das das thematisiert wird. Das ist nicht ok, das ist nicht die Gesellschaft die ich mir wünsche. Jede Person sollte immer und überall frei und sicher von verbaler und physischer Gewalt sein - und solange das nicht so ist, macht es Sinn über all da ein Zeichen zu setzen wo noch Defizite sind. Hier sind halbnackte Männer privilegiert, keine Frage!

Vergleichbar: Ich habe in dem Zusammenhang auch die Aussage eine dunkelhäutigen Person noch im Kopf, die sagte das sie erst etwas später angereist war, weil ihre Zugverbindung sie sonst zu einer ungünstigen zeit an einen einsamen Bahnhof mitten in McPom verschlagen hätte und sie Angst vor Anfeindungen hatte. Das hat mich sehr betroffen gemacht. So eine Denkweise existiert tatsächlich in meinem Privilegierten Hirn nicht - und es macht mich immer noch betroffen und widert mich an das auch das ein Teil von Deutschland ist und ich diesen nicht einfach abstellen kann. Diese Person kann nicht gefahrlos zu Unzeiten anreisen!

In sofern finde ich es gut, wenn man mehr privilegierte Hirne erreicht und klar macht, was es eben noch für Realitäten gibt.

Zum Thema ich will nicht: Hier habe ich auch das Argument gelesen ich will nicht, ich fühle mich damit nicht wohl, möchte mich nicht beurteilen oder begaffen lassen etc.. Hier verstehe das Argument nicht - das geht doch allen so. Nach diesem Argument könnte ich so Ziemlich jede Kleider- oder Verhaltensvorschrift legitimieren. Ich habe spärlich harr wuchs? - Alle müssen Glatze tragen! Ich fühle mich beim Tanzen albern? Ab jetzt nur noch stehen vor den Bühne ... das fühlt sich für mich eher an wie SED-Diktatur als links-liberal.
powerpave
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Re: No shirt, no service

Beitrag von powerpave »

Ich habe gerade von einem Kumpel von der Aktion erfahren und mir jetzt extra einen Account hier erstellt, weil ich es einfach nicht fassen kann. Letztes Mal war ich nicht auf der Fusion, daher gab es leider keine Gelegenheit hierzu direkt Meinungen einzuholen und abzuliefern.

Regelungen wie diese sind ein wunderschönes Beispiel dafür, warum die linke Bewegung auf der politischen Bühne aktuell im Arsch ist. Das muss man erstmal schaffen sich so sehr argumentativ zu verdrehen, dass man sein eigenes Anliegen sodomiert. Dass man ultraprogressiv auf die unsichtbaren Aspekte der Realität aufmerksam machen will, aber dabei die Realität außerhalb des Tunnelblicks schon komplett vergessen hat.

Als Analyse des Ist-Zustandes wird hier sehr oft Frauen ein geringeres Selbstbewusstsein zugeschrieben als Männern, die entweder mit ihren Blicken oder mit ihrem Körper mehrheitlich Täter, bestenfalls aber unwissend-privilegierte Statisten sind. Verdichtet in besagten Schildern als Symbol wird damit kurz und prägnant die Kategorie Mann-Frau mit entsprechender Machthierarchie kognitiv aktualisiert. Die gebotene Perspektive ist eine auf annehmbare Zeit unerreichbare Utopie, der wir alle gemeinsam schwitzend entgegenschreiten sollen - bis was genau passiert? Bis Sexismus und Sexualisierung verhungert sind und plötzlich alle ihre Shirts ausziehen und der visuelle Raum mit nackter Haut geflutet wird? Klasse.

Die Argumentation, Körper jeglicher Art durch Verhüllung vor Sexualisierung zu schützen, gleicht im zentralen Punkt der Argumentation der Burka. Männer moralisch-normativ zum Tragen von T-Shirts zu verdonnern weitet ein grundlegend sexistisches Konzept auf die gesamte Bevölkerung aus. Frauen und Männer, die sich trotz aller Mängel unserer Gesellschaft Selbstbewusstsein und Zufriedenheit über ihren Körper erkämpft haben, werden zum zurückrudern angehalten, da sie im Falle einer tatsächlich erreichten "solidarischen Masse" umso mehr herausstechen würden.

Kurz gesagt: Ich hoffe es war als Scherz gemeint, denn als ernsthafte Überzeugung ist es einfach nur grob dämlich, das kann ich mir bei aller Liebe nicht schönreden.
590ca18b554
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Re: No shirt, no service

Beitrag von 590ca18b554 »

Nächstes mal bitte: No shit, full service!

zum Thema: Ich wünsche mir jedenfalls Feedback von der Crew. Ansonsten verstehe ich nix. Ich dachte die Schilder wären zum Schutz der Leute die an den Points oder Bars arbeiten und sich nicht dagegen wehren bzw. wegschauen können aber das es ein generelles Verbot löst doch das Problem nicht.

Ich meine ich war danach auf der Boom und da war das alles kein Problem auch wenn die Anzahl der nackten Frauenoberkörper geringer ist.

Ich selbst finde es super schwer meinen Blick komplett von nackten Frauen zu lösen. Ich zwinge mich quasi damit alle Frauen sich wohl fühlen aber natürlich fühlt sich das nicht an. So nach dem Motto mir ist deine Freiheit wichtiger als mein Wohlbefinden. Mir würde es eher gefallen wenn wir uns alle mehr aneinander erfreuen OHNE!!!!!! uns am anderen aufzugeilen oder diesen zu belästigen.
ulknudel
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Re: No shirt, no service

Beitrag von ulknudel »

Schade, dass einige Leute so normiert denken, umd gleichzeitig andere richtend strafen wollen. Als nicht heteronormierter (weisser) "Mann" mag ich zwar aufgrund meiner äusseren Erscheinungsform und besonders wenn oberkörperfrei automatisch zum Feindbild einiger feministisch denkender Festivalbesucherinnen gereichen, allerdings sind für mich nackte Brüste alles, aber nicht sexuell aufreizend. So geht es wahrscheinlich mindestens 15 % der männlich aussehenden Festivalbesucher. In der Logik der Schildaufstellerinnen sollten also vielleicht queere Befindlichkeiten nicht einfach vergessen werden und daher der Spruch angepasst werden zu "no shirt on a straight male body, no service"? Oder sollen etwa eine grosse Minderheit männlich aussehender nicht heteronormierter Festivalbesucher auch unter Generalverdacht gestellt werden Tittenglotzer zu sein? Da eine solche genaue Ausdifferenzierung der wirklich avisierten männlichen Heteroglotzerzielgruppe auf einem kleinen Schild nicht möglich ist, wäre die gleichmacherische Konsequenz, dass sich alle T Shirts oder am besten gleich Kartoffelsäcke überziehen. Stattdessen plädiere ich für Nacktheit und freue mich, dass mich heteronormierte Männer mittlerweile, wenn ich ihre nackten (Ober)körper anstarre, nicht mehr fragen ob ich schwul sei und eins auf die Fresse wolle, sondern meist freundlich anlächeln oder gar nicht reagieren, das können Feministinnen auch hinkriegen. We shall overcome!
Fusion Crew
Beiträge: 223
Registriert: Do 12. Mai 2011, 12:08

Re: No shirt, no service

Beitrag von Fusion Crew »

aus dem Newsletter 1/2019

„No shirt - no service“:

Vor dem Hintergrund und im Wissen um strukturelle Gewalt und patriarchaler Gesellschaftsverhältnisse wünschen wir uns eine größtmögliche Sensibilität und sind gleichzeitig gegen das Aufstellen von „No Shirt - no service“ Schildern.

Die „No Shirt - no service-Regel“ wurde nicht von uns, dem Kulturkosmos ausgegeben. Sie ist kurz vor Festivalbeginn an verschiedenen Orten des Festivals aufgetaucht und wurde in verschiedenen Ausdrucksformen ohne unsere Abstimmung formuliert.

Dies hat bereits während des Festivals zu mitunter sehr heftigen Debatten mit und unter den Gästen, sowie auch innerhalb der verschiedenen Festivalcrews geführt. Wir wollen hier nicht in die Diskussion einsteigen, möchten aber auf unser Forum verweisen, wo das Thema, wie wir meinen, sehr umfänglich und in zumeist sehr sachlichem Ton diskutiert wurde.

Wir unterstützen den Ansatz, männliche Privilegien zu thematisieren und dafür Sensibilität zu schaffen, wollen aber den, zum Teil sehr restriktiven Charakter der Aktion kritisieren. Für uns gilt nach wie vor: So verschieden wie die Menschen, die sich hier zusammenfinden, ist das, was sie hier suchen und erleben. Was sie vereint, ist die Freiheit, sein zu können wie sie sein wollen. Wir wollen niemanden zwingen, ein Shirt anzuziehen, wir wollen, dass alle sich frei fühlen können, unabhängig von ihrem Geschlecht, auf der Fusion so nackt rumzulaufen, wie sie sich wohl fühlen. Wenn das für einzelne nicht möglich erscheint, löst nicht das Shirt der anderen das Problem.

Dann lösen wir das nur, wenn wir gemeinsam einen Safe Space schaffen, indem sich alle trauen können, das Shirt auszuziehen. Einen Ort zu schaffen, an dem Sexismus nicht geduldet wird und wo oben ohne kein Männerprivileg mehr ist.

Solch einen achtsamen Raum zu schaffen, setzt zum einen voraus, dass wir Körpernormen, Sexualisierung und sexistisches Denken thematisieren. Aber auch die Auseinandersetzung mit sexistischen Verhaltensweisen, patriarchalen Strukturen und Formen struktureller Gewalt ist in diesem Zusammenhang notwendig.

Keine:r muss Macker sein!
sorum
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Registriert: Di 23. Apr 2019, 11:05

Re: No shirt, no service

Beitrag von sorum »

Dieser Verbotekosmos nervt mich zunehmend.....

Wo und bei wem bitteschön fängt die Nacktheit eigentlich an, bei den Knöcheln, nem kurzen Rock, nem tiefen Ausschnitt, dem unverschleierten Gesicht oder Haar oder einem unverhüllten Stuhlbein ?
Wann werden Frauen in zu kurzen Röcken oder Männer mit Bärte nicht mehr bedient ?

"Hat er doch selber Schuld wenn er für nen Chauvinisten gehalten wird wenn er so rumläuft."
Ich bin ganz bestimmt kein Freund von Mackern und Posern aber es ist noch immer weit entfernt von Belästigung und manches musst du einfach auch aushalten, auch wenn es nicht in deine Zigarrenschachtelwelt passt.

Ich habe in den letzten Jahren vielmehr eine Art perverser Lust am Regulieren, Verbieten, am Unterstellen, und am Nichtvertrauen oder sogar vorauseilender Denunziation hier festgestellt.

Ich frage mich schon seit längerem ob das nicht gar eine Form von Fetischismus ist die hier ausgelebt wird !?

"Irgendwie ist diese Macht schon geil, oder ? "

Mich (und nicht nur mich) schreckt das zunehmend ab.
Vielleicht wäre "Verkehrserziehungswochenende oder Kettenreitschulstunde " ein passenderes Label als "Ferienkommunismus"

So, weitertanzen (aber sittsam)

K. O. v. R.
oki
Beiträge: 2
Registriert: Fr 26. Apr 2019, 15:38

Re: No shirt, no service

Beitrag von oki »

Ich bezweifle sehr stark, dass das „Wissen um strukturelle Gewalt und patriarchale Gesellschaftsverhältnisse“ bei den Festivalbesucher*innen verbreitet ist. Auch die Diskussion hier im Forum zeigt doch, wie wenig Wissen um patriarchale Zustände bestehen, und wie schnell es zu Abwehrreaktionen kommt, die ganz schnell antifeministische Züge kriegen.
So hab ich von der Mehrzahl der Beiträge den Eindruck, dass sich hier Männer zusammenfinden, um ihrer Empörung gegen Feminst*innen Luft zu machen.

Hier mal ein paar Argumente, die in der Diskussion meiner Meinung nach viel zu kurz kamen.

1. Niemand wird „gezwungen“ sich sein T-Shirt anzuziehen. Man kriegt nur nix mehr zu saufen. Dass Leute sich darüber so empören, zeigt doch, dass es offensichtlich eine erfolgreiche Aktionsform, ist um Leute für die Zustände in einer patriarchalen Gesellschaft zu sensibilisieren. Zumindest als erster Denkanstoß.

2. Ein „restriktive Charakter“ einer Aktion ist nicht per se anti-emanzipatorisch. Beispielsweise sind ja im Umgang mit Nazis restriktive Maßnahmen nötig. Ich will diese Diskussion nicht aufmachen, vermute aber auch dass Leute aus dem Forum hier auch kein Problem hätten mit Nazis aufm Floor zu Tanzen.. weil sich ja alle so frei fühlen und alles kuhl ist.

3. Auf der Fusion laufen 70.000 patriarchal geprägte Menschen rum, die sich zum Teil in keiner Weise mit Sexismus auseinandergesetzt haben und das auch an diesem Wochenende überhaupt nicht tun wollen. Ein solcher Ort ist kein Safe Space. Für FLTI* ist Nacktheit eben ne ganz andere Nummer als für cis-Typen. Ein Stichwort wäre hier rape culture. Und das gilt halt leider auch auf der Fusion.

Eine Fusion, auf der Leute ihre T-Shirts anbehalten, bedeutet für einige Wenige eine Einschränkung ihrer Freiheit. Insgesamt wäre sie aber gerechter, weil gleicher.
War glaub ich auch mal ein kommunistisches Ziel.
forno
Beiträge: 1
Registriert: Sa 4. Mai 2019, 22:01

Re: No shirt, no service

Beitrag von forno »

@oki

Ist das dein Ernst, was du hier schreibst?

Natürlich sind restriktive Maßnahmen dieser Art und Weise anti-emanzipatorisch. Und dein Beispiel mit Nazis ist absolut unpassend. Menschen, die ich als Nazis betrachte sind keine Menschen mit rechten Ansichten (sonst wäre wahrscheinlich 3/4 unseres Landes betroffen), sondern Menschen, die AKTIV andere Menschen diskriminieren, indem sie Symbole und Ansichten zur Schau stellen, die Menschen mit einem anderen ethnischen Hintergrund verletzen und beleidigen. Habe ich ein Problem mit Nazis, wenn sie ihre politischen Ansichten in jeder Art und Weise für sich behalten? Nein, wieso auch, ich kenne diese Leute ja nicht einmal.
Genau so habe ich auch kein Problem mit unbekleideten Menschen auf dem Festivalgelände, oder überhaupt irgendwo. Zugegebenermaßen, ich bin und war mein ganzes Leben schon FKK Kind, von den hier so häufig angestoßenen "patriarchischen Gesellschaftsverhältnissen" habe ich in meinem Elternhaus nicht viel mitbekommen.
Selbstverständlich hast du Recht, dass hier niemand gezwungen wird, sich anzuziehen. Trotzdem stelle ich die Verhältnismäßigkeit solcher Maßnahmen stark in Frage. Denn die Frage, die ich mir bei der ganzen Sache stelle, ist, worum geht es hier überhaupt? Geht es darum, dass es Frauen (bzw. alle nicht heterosexuellen Männer) gibt, die sich nicht ausziehen KÖNNEN oder WOLLEN sie es einfach nur nicht?
Der Unterschied zwischen beiden Punkten mag in diesem Fall nicht groß sein, doch er ist in meinen Augen sehr entscheidend. Denn du und die meisten anderen Befürworter dieser Maßnahmen behaupten, dass die Einschränkung der betroffenen Personengruppen von ebendiesen nicht beeinflussbar ist, was meiner Meinung nach einfach mal überhaupt gar nicht stimmt. Klar wird es unter den vielen Besuchern einige geben, die beim Anblick einer nackten Brust nicht wegschauen können. Das betrifft uns Männer jedoch genauso und wenn man mental nicht damit klar kommt, dann zieht man sich eben nicht aus. Es gibt genug Menschen, die genug Selbstbewusstsein besitzen, um Blicke eher als Kompliment als als Angriff auf die Persönlichkeit zu interpretieren. Und wenn dieses Selbstbewusstsein ein Problem darstellt, sollte man vielleicht, wie auch schon von einigen vorgeschlagen, mit Hilfe von Workshops aktiv daran arbeiten, den Betroffenen dementsprechend zur Seite zu stehen, statt es nur noch mehr zu tabuisieren.
Und wenn ihr meint, das sei utopisch, dann muss ich mich doch sehr über die Menschen wundern, mit denen ihr interagiert, in meinem Freundeskreis ist sowas nämlich gar kein Problem. Und Menschen, die bereit sind, anderen gegen deren Willen körperlich nah zu kommen, lassen sich auch von Kleidung nicht beirren, denn dann muss in der Erziehung schon echt was schiefgelaufen sein.

Und noch was, viele etwas extremere Unterstützer des Feminismus sind scheinbar der Überzeugung, dass, nachdem Männer jahrtausendelang das Weltgeschehen kontrolliert haben (das ist keine Pauschalisierung, sondern meine eigene Erfahrung, vielleicht kenne ich auch einfach nur die falschen Leute...), diese grundsätzlich erstmal böswillige Absichten haben und deswegen jetzt in ihrer Freiheit eingeschränkt werden müssen, um für die Verbrechen ihrer männlichen Vorfahren zu büßen. Das klingt für mich doch irgendwie danach, dass ich Repressalien zu ertragen habe, weil ein anderer Mensch, der zufällig auch einen Penis zwischen den Beinen hat, möglicherweise mal seine Finger nicht bei sich halten kann.
Klingt für mich doch sehr nach Verletzung jeglicher Rechtstaatsprinzipien, für die sich unsere Gesellschaft so sehr in den Himmel lobt.

Und bezüglich deiner Aussage, dass Gleichheit gleich Gerechtigkeit ist, meiner Meinung nach ist die Individualität die größte Errungenschaft unserer Gesellschaft und egal wie groß die Diskrepanzen sind, es ist nie der richtige Weg, etwas zu verbieten, um Gleichheit zu schaffen. Das ist faul und verantwortungslos und ein klares Zeichen dafür, dass man nicht bereit ist, sich aktiv an der Weiterentwicklung unserer Gesellschaft zu beteiligen.
Gesperrt