fusion = emanzipatorisch und antikapitalistisch? eure ideen?

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alice_d25
Beiträge: 96
Registriert: Mi 6. Jul 2011, 23:40

fusion = emanzipatorisch und antikapitalistisch? eure ideen?

Beitrag von alice_d25 »

die goldenen zitronen hielten auf der fusion das mikro mit der frage ins publikum, wie es denn die fusion fände. erste antwort: "zu weiss, zu heteresoexuell." tarä! leider war das thema damit an diesem ort beendet. eine weitere diskussion wäre interessant gewesen.

deshalb meine frage hier an euch alle: wie könnten auf der fusion antikapitalistische und emanzipatorische diskurse weitergehend in die praxis umgesetzt werden?

es wird ja tatsächlich auch in diesem forum viel gemeckert - mit dem antikapitalistischen und emanzipatorischen anspruch im hinterkopf, wenn die festivalrealität an diesen ansprüchen gemessen wird. klar, die realität ist kein ponyhof (natürlich außer "pony taylor").
antikapitalistische und emanzipatorische diskurse "da draußen" entwickeln sich weiter und finden manchmal nur langsam eingang in die festivalorga. kann das auch schneller gehen?

hin und wieder werden u.a. in diesem forum coole ideen geäußert, aber ich vermisse einen breiteren diskurs, eine analyse und radikalere konzepte.

meine ersten spontanen gedanken:

--hierarchie--
* mich stört die krasse trennung oder auch hierarchie von konsument_innen und artists, floor und bühne.
* lösung: viel mehr space für selbermach- und mitmachaktivitäten. toll waren in dieser hinsicht die 2 karaoke-shows mit cherry-oh-kie im cabaret und pony taylor. wie wärs mit noch mehr open stages? auch zu anderen kunstformen?
* viele artists stehen nicht im programmheft. warum? sind sie nicht so wichtig? ich will gerade über "unbedeutendere" acts was lesen.

--politische kunst/musik--
* ist auf der fusion häufig da, kann man die nicht deutlicher im programmheft featuren?

--postkoloniales und antirassistisches--
* toll fand ich dieses jahr das special zu arabischem underground. das muss zukünftig vlt. nicht so ethnisiert werden, wirkt aber dem verbreiteten ethnozentrischen oder eurozentrischen weltbild entgegen.
* besonders erfreulich sind techno- u.a. acts mit artists, die meist als "naturvolk" oder "3. welt" konstruiert werden, die exotisiert werden und sonst nur dann wahrgenommen werden, wenn sie ihre traditionelle musik darbieten.
* nicht so toll (aber schon um längen besser als letztes jahr) fand ich das programmheft: die herkunft (nationalität, pass) von artists spielt in den beschreibungen immer noch eine sehr große rolle - ohne dass ein wesentlicher zusammenhang zur musik erkennbar ist. dabei ist doch viel interessanter, wo und von welchen szenen sie künstlerisch inspiriert wurden. wenn künstler_innen allerdings von einem staat, in dem sie leben, für ihr künstlerisches oder politisches tun mit repressionen überzogen werden oder wurden, dann macht das sicherlich sinn, den namen dieses staats zu erwähnen. z.b. eine queere band aus uganda, wo homosexualität furchtbarerweise mit dem tod bestraft wird.
* wieviel prozent der artists waren eigentlich nicht weiss?
* wieviel prozent der artists waren eigentlich geflüchtete?

--emanzipatorische partykonzepte--
* die eclipse mit ihrer akzeptierenden drogenarbeit ist weiterhin unschlagbar
* zum thema "sexismus" und "sexistische übergriffe" fehlt viel. klar, das beiheft "party und revolte" hat auch 2 seiten dazu, die wschl. kaum gelesen werden. man wird im fall deines übergriffes an die security verwiesen. aber wer oder was qualifiziert die security dazu, einen ausreichend kompetenten umgang damit zu pflegen? was für unterstützung gibts tatsächlich un konkret für betroffene? gibts schutz- und rückzugsräume? wieviel awarenesskonzepte und emanzipatorische partykonzepte aus feministischen zusammenhängen fließen in die arbeit der security ein? wieviel antisexistische handlungsanweisungen wird über die bühnen/artists transportiert?
konzepte und umsetzungen gibts z.b. hier:
http://evalookingforwardtoparadise.blog ... nicht-hin/
http://evibes.blogsport.de/2014/07/01/u ... -gewalt-2/

--geschlechter- und andere verhältnisse--
* wen oder was repräsentiert die fusion eigentlich?
* wieviel prozent der artists waren eigentlich nichtmännlich?
* wie wär's mit einer feminist_innenquote?

--transparenz--
* irgendwie finde ich es ja richtig fein, dass die fusion von kollektiven strukturen getragen wird. scheinbar weiss das kaum jemand. vlt. ist es auch strategie und es soll geheim bleiben. von mir aus. aber ich fänds schöner, wenn klar wäre, wie das line up der einzelnen floors zustande kommt.

was meint ihr?
alice_d25
Beiträge: 96
Registriert: Mi 6. Jul 2011, 23:40

Re: fusion = emanzipatorisch und antikapitalistisch? eure id

Beitrag von alice_d25 »

achso, natürlich bin ich auch total froh über die kompostklos, politisch und ökologisch korrekt scheißen, yeah!
Raezkael
Beiträge: 19
Registriert: Di 1. Jul 2014, 14:45

Re: fusion = emanzipatorisch und antikapitalistisch? eure id

Beitrag von Raezkael »

Lies dir mal die Beiträge hier im Forum durch, z.b. der Fusion=0 Toleranz, dann weißt du wie es um das Festival bestellt ist. Ich finde, es muss wieder politischer werden, es konsumieren zu viele nur stumpf, ohne sich mit irgendetwas auseinander zu setzen...
Pjotr_Sputnik
Beiträge: 24
Registriert: Mi 2. Jul 2014, 10:49

Re: fusion = emanzipatorisch und antikapitalistisch? eure id

Beitrag von Pjotr_Sputnik »

Hauptsache Ballern und Fotos machen!
nuxuxtuxus
Beiträge: 20
Registriert: Di 1. Jul 2014, 16:14

Re: fusion = emanzipatorisch und antikapitalistisch? eure id

Beitrag von nuxuxtuxus »

hey alice,

ich find deine Ideen gut.


ich glaube aber nicht das die Fusion emanzipatorischer und antikapitalistischer wird - wenn Sie "schwarzer" und "homosexueller" wird.

Ich würde das Luftschluss oder den Palast für Diskursveranstaltungen an bestimmten Tagen blocken... bzw dort könnten dann emanzipatorische und antikapitalistische Vorträge gehalten werden die vielleicht einen hedonistischen Bezug haben wie zB. wie organisiere ich eine kleine Fusion in meiner Gegend -oder reclaim the streets Inhalte.

Vielleicht auch kleine Packpapierheftchen umsonst an Abreisende verteilen:
https://www.google.de/search?q=packpapi ... 31&bih=620


das mit der Transparenz find ich auch gut. aber irgendwie scheint das System
zu sein.

Ich fände es mal gut wenn die Fusion zu einer Grossdemo/Blockade aufruft...
bzw mehr mobilsieren würde- weil es mittlerweile bestimmt 1-2 Millionen Fusionisten gibt.... sowas wie die Love Parade nur als Reclaim the Streets in ganz laut und bunt und viele und so... mit
PeerDongle
Beiträge: 6
Registriert: Fr 4. Jul 2014, 10:44

Re: fusion = emanzipatorisch und antikapitalistisch? eure id

Beitrag von PeerDongle »

Ich finde diesen bemuehten politischen Bezug eher anstrengend und unpassend fuer die Fusion. Ferienkommunismus bedeutet, mal Urlaub zu machen vom System, und nicht die ganze Zeit an Probleme u.a. erinnert zu werden. Gerade das Programm vom Kino bzgl der vielen Nahostkonflikt-Dokus fand ich diesbezueglich sehr ermuedend.

Kann ja sein, dass das politische vor vielleicht 15 Jahren irgendwann mal identitaetsstiftend war, aber die Zeiten sind ja wohl lange vorbei.
nuxuxtuxus
Beiträge: 20
Registriert: Di 1. Jul 2014, 16:14

Re: fusion = emanzipatorisch und antikapitalistisch? eure id

Beitrag von nuxuxtuxus »

ich bin da auch hin und her gerissen... nur glaub ich das die Fusion da megakrasses Mobilisierungspotential hat.
mirror
Beiträge: 898
Registriert: Mo 16. Mai 2011, 08:31

Re: fusion = emanzipatorisch und antikapitalistisch? eure id

Beitrag von mirror »

PeerDongle hat geschrieben:Ich finde diesen bemuehten politischen Bezug eher anstrengend und unpassend fuer die Fusion. Ferienkommunismus bedeutet, mal Urlaub zu machen vom System, und nicht die ganze Zeit an Probleme u.a. erinnert zu werden. Gerade das Programm vom Kino bzgl der vielen Nahostkonflikt-Dokus fand ich diesbezueglich sehr ermuedend.

Kann ja sein, dass das politische vor vielleicht 15 Jahren irgendwann mal identitaetsstiftend war, aber die Zeiten sind ja wohl lange vorbei.
Wie soll man das verstehen? Immer wenn du das Kinoprogramm gelesen hast, wurdest du müde. Oder es hat dich regelrecht geschafft, wenn du nur an das Kinoprogramm dachtest.

Wie dem auch sei, große Parties, ohne politischen Bezug, gibt es wie Sand am Meer. Und die haben nicht die diese besondere Atmosphäre. Ob es da irgendwo Zusammenhänge gibt?

Ich finde diesen Spannungsbogen von Hedonismus und politischer Agitation toll und sinnvoll
Bild
Mannauseisen
Beiträge: 117
Registriert: Mi 1. Aug 2012, 19:40

Alice, bitte entspannen.

Beitrag von Mannauseisen »

Fusion = Bauchgefühlmassage, Herzbluttransfusion und Seelenbalsamico.

Meiner Meinung nach, wird die Fusion durch mehr Politik, mehr Ideologie und mehr Kopflastigkeit in der Seele verengt und in ihrer Freiheit beschnitten. Darum bin ich gegen fast alle deine Vorschläge, Alice.

Die Fusion hat in der Form, in der sie abgehalten wird transformierende Wirkung - Man sollte das nicht unterschätzen. Ich behaupte, es gelingt auch den stumpfsten Technodruffies nicht, unbeeindruckt und unverändert von der Fusion zurück zu kommen (Auch hier bestätigen allfällige Ausnahmen die Regel).

Dass die Fusion-Rakete abhebt, ist dank dem filigranen Zusammenspiel:

> der Infrastruktur (der Platz, die Duschen, die Deko, das Licht, etc.) = Rakete

> der gebotenen Inhalte (Musik, Konzerte, Theater, Performance, Film, ethische Haltung, etc.) = Treibstoff

> und den Festivalbesuchern als Kollektiv = Fusionauten

Dabei entsteht eine Magie, die wir alle früher oder später erfahren und die durch die durchstartende Rakete symbolisiert wird. Genau das wirkt transformierend.
Mit den meisten deiner Vorschlägen, kann man diese Magie nicht fördern - im Gegenteil.
Ich vermute du meinst es gut, Alice, aber ich fürchte du bist damit auf dem falschen Dampfer.
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Die Realität hat mit der Wirklichkeit rein gar nichts zu tun.
buki
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Registriert: Sa 12. Nov 2011, 22:55
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Re: fusion = emanzipatorisch und antikapitalistisch? eure id

Beitrag von buki »

Mehr Mitmach-/Selbstmachsachen fänd ich super.

Ob Musik machen, Zeichnen/Malen, zusammen große und kleine Dinge Basteln/Bauen/Kneten [am besten mithilfe von Flaschen/Dosen und anderem Müll) oder sonstwas.

Das Potential ist da. Nicht umsonst machen tausende Leute ihre Schichten auch(!) mit dem Hintergedanken der Fusion zu helfen und etwas mitzubewegen. Und ein Übermaß an Kreativität ist bei vielen Fusionauten eh vorhanden, wie Partystöcke, Outfits und Lagergestaltung zeigen.
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