Wie man an der oben von mir verlinkten Statistik ablesen kann, sind ein Großteil der Deutschen Nationalisten - Wenn wir mal vereinfachend davon ausgehen, dass man das anhand einer einzelnen Frage "nach dem Stolz darauf, deutsch zu sein" ablesen kann (Wenn wir wirklich wissenschaftlich vorgehen wollen würden, müssten wir da natürlich ein paar mehr Indikatoren benutzen).NathanaelDK hat geschrieben:Wie es nervt, dass einem Patriotismus und Nationalismus unterstellt wird, weil man die deutsche Nationalmannschaft unterstützt. Ein Fußballteam anzufeuern ist sowieso absurd und dass das für einige (mich eingeschlossen) absolut gar nichts mit Vaterlandsliebe zu tun hat, macht es nicht weniger absurd. Warum mach ich es? Weil es Spaß macht. Hat wahrscheinlich was mit Gruppenidentifikation zu tun (NICHT unbedingt nationaler Art).
Wir brauchen erstmal eine vernünftige Definition von Nationalismus: Nationalist ist jemand, der der Aufteilung der Welt in kapitalistische Nationalstaaten positiv gegenübersteht und das Projekt des spezifischen Nationalstaats, der Herrschaft über ihn ausübt, insbesonders akzeptiert und gutheißt. Wie man merken sollte, trifft diese Definition nicht nur auf Nazis zu, sondern auf die absolute Mehrheit. Du kannst jetzt natürlich sagen: So will ich Nationalismus nicht definiert haben, sondern das soll was mit Ausländerverprügelei zu tun haben. Kannst du gerne machen, aber meine Aussagen sind eben auf die obige Definition gemünzt.
Ich würde auch keinem unterstellen, dass selbst wenn er Nationalist ist, er unbedingt was gegen Ausländer haben muss. Rein empirisch gesehen sind Leute mit ausgeprägterem Nationalismus (also einer noch stärkeren Zuneigung zu ihrem Nationalstaat) aber auch zugleich rassistischer - Entsprechende Belege findest du überall im Netz und bspw. in der Studie, die ich oben verlinkt habe. Zahlen lügen nicht.
Mein Argument läuft ja jetzt aber gar nicht darauf hinaus, dass Nationalisten eher Rassisten sind und man das deshalb doof finden soll, obwohl selbst das schon rational und moralisch zu rechtfertigen wäre.
Sondern das Argument geht so: Leute, die Nationalisten (im obigen Sinne) sind, begehen einen Fehler dahingehend, dass sie durch ihre Parteinahme für den deutschen Staat eben auch die gesellschaftlichen Verhältnisse, die dieser einrichtet, abnicken.
Und das bekommt ihnen nicht gut, weil der Zweck des so eingerichteten kapitalistischen Wirtschaftssystems einzig darin besteht, durch die immer stärkere Ausbeutung der Lohnarbeiter den privat von den Kapitalisten angeeigneten, obwohl gesellschaftlich produzierten, Reichtum wachsen zu lassen.
Das äußert sich dahingehend,
1. dass die Reallöhne stagnieren, während die Produktivität in unglaublichem Ausmaße steigt
2. dass es mehr Stress auf der Arbeit gibt (-> mehr Depressionen)
[....]
999. dass Atomkraftwerke gebaut werden, die uns alle ins Grab befördern könnten
1000. Das wir allgemein nicht ohne Stress und despotische Vorgesetzte bei maximal 10 Wochenarbeitsstunden zusammenleben, also keine paradiesischen Zustände genießen können, sondern nur einmal im Jahr unsere Auszeit auf dem fusion nehmen können.
Jetzt ist natürlich die Frage: Wie hängt der Nationalismus mit dem nationalen Fußballsport zusammen. Natürlich auf vielfältige Weise, was sich hier gar nicht alles ansprechen lässt:
bspw:
1. Nationale Fußballevents stärken den Nationalismus (siehe die Studie oben). Dadurch werden die Leute unkritischer, die ihnen von Staat und Kapital zugemuteten Umstände zu hinterfragen (siehe die Studie und meine Ausführungen/Hinweise dazu im vorrangegegangegen Posting von mir. Freq hat das ja auch schon angesprochen.)
2. Das Zusammengehörigkeitsgefühl, dass solche Sportevents erzeugen, kaschiert die realen Antagonismen zwischen den geselleschaftlichen Akteuren: Beim Endspiel stehen alle als Deutsche zusammen, du und das Drecksschwein, für das du arbeitest. Das vermittelt den Leuten den falschen Eindruck, es gäbe soetwas wie ein nationales Gemeinwesen, dass gemeinsame und allen zuträgliche Zwecke verfolgen kann. Das ist aber nicht der Fall: Es gibt die Leute, die immer mehr malochen müssen für weniger Kohle und diejenigen, die von deren Arbeit ein Luxusleben führen. Ähnlich wie ein Bundespräsident führt das nationale Fußballevent dazu, das die Leute diese grundlegende Differenz nicht erkennen.
3. Das Auswahlverfahren bezüglich der Mannschaft, deren farben man sich in die fresse schmiert, ist Nationalismus pur: Es kommt bspw. Kein Stück darauf an, ob die man mit den Spielern einer Mannschaft privat klarkäme, sondern: Deutsche sind für Deutschland, Holländer für Holland.
Wer wissen will, wie wirkungsmächtig diese Idee ist, soll mal die Fahne der Mannschaft schwenken, gegen die Deutschland grade spielt oder noch schlimmer: verloren hat. Und die Reaktionen der Fans am eigenen leibe spüren.
4.
[...]
X.
!!! Natürlich !!!:
Es gibt auch Prozesse, die zur Parteinahme für die deutsche Mannschaft führen, die sich nicht vollständig auf den Nationalismus zurückführen lassen.
Wie du schon sagst zum Beispiel: Mit seinen Kumpels rumzuhängen und zu saufen macht nunmal Spaß. Und Spaß ist ja auch ok!
Trotzdem ist das meiner Meinung nach notwendigerweise mit dem Nationalismus verschränkt (Auch wenn es da vielleicht ein paar hundert Leute gibt, bei denen es anders ist!!!): Ob Deutsche jetzt Spanien-Portugal oder Deutschland-Frankreich anschauen, ist aus deren subjektiver Sicht ja schon was grundlegend anderes: Bei letzterem matchup sind alle traurig, wenn verloren wird oder alle drehen durch, wenn gewonnen wurde. Das lässt sich meiner Erachtens nach nur erklären, wenn man den Nationalismus dieser leute mit in die Erklärung miteinbezieht. Auch wenn da sjetzt nicht für dich gilt, sind wir uns doch wohl einig, dass das stimmt, wenn man über den Durchschnitt spricht
/Edit: Der Übersicht halber hier nochmal der Link zu meinem ersten Posting, damit man auch sieht, worauf NathanaelDK sich bezieht.
Falls jemand mehr lesen will, würde ich ihm/ihr die Texte der jungen Linken zu Nationalismus und Kapital/Lohnarbeit vorschlagen, hier insb. vllt. den Artikel zur Einführung in die Kapitalismuskritik.
Wer lieber zuhört als liest, findet in dem verlinkten Posting von mir eine Reihe von Vorträgen, die viel interessantes zu sagen haben.
Wers sogar am liebsten audiovisuell hätte, dem sei dieser englischsprachige youtube channel empfohlen, insb. die law of value Reihe, zur EInführung in die Kritik der politischen Ökonomie. Jetzt hab ich aber genug Propaganda für heute betrieben