4 Tage Ferienantisemitismus

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Heckling
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4 Tage Ferienantisemitismus

Beitrag von Heckling »

Das FREE OLIVE TENT auf der Fusion 2011 hat für einige Diskussionen gesorgt. Und in der Tat ist es erschreckend, wie salonfähig platter Antisemitismus in vermeintlich linken Zusammenhängen heute ist.
Deshalb haben wir eine E-Mail an den Kulturkosmos geschrieben, um mit den Verantwortlichen eine Diskussion zu beginnen. Da wir bisher keine Antwort erhalten haben, veröffentlichen wir hier im Forum die komplette Mail:
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Vier Tage Ferienantisemitismus?

Liebe Menschen vom Kulturkosmos Müritz e.V.,
laut Eurer Homepage unternehmt ihr - unter anderem mit der Durchführung des Fusion Festivals - den Versuch Eurem „Ideal von einem selbst-bestimmten Leben, abseits kapitalistischer Zwänge und Verwertungsinteressen, weitestgehend nahe zu kommen und Utopien für (Euch) und andere im Hier und Jetzt erlebbar und im Modellversuch realisierbar zu machen“. Eure Arbeit will unter anderem „Denkanstöße geben und Möglichkeiten für die Konfrontation mit Neuem und Unbekanntem schaffen“, außerdem „sollen Toleranz und Weltoffenheit gebildet und befördert werden.“

Daher hat es uns gewundert, dass beim Fusion Festival 2011 ein „Kollektiv Kulturschaffender mit Nahostbezug“ die Möglichkeit hatte, mit verschiedenen Veranstaltungen und dem „FREE OLIVE TENT“ sich laut dem von Euch verfassten Programmheft, „gegen die menschenrechtswidrige Besatzung Palästinas auszusprechen“.

Das Land von dem ihr sprecht, heißt Israel. Nach Jahrhunderten der nahezu weltweiten Verfolgung von Jüdinnen und Juden und der Shoah ist Israel nicht irgendein Land, sondern der Fluchtpunkt für die Überlebenden und ihre Nachkommen. Wie kommt ihr auf die Idee, es könnte sich bei diesem Projekt um eine „menschenrechtswidrige Besatzung“ handeln? Gibt es in Lärz eine Universität mit rechtswissenschaftlicher Fakultät?

Wir finden es schon seltsam, wenn auf eurem Gelände ein Aktivist der Gaza Freedom Flotilla einen Vortrag halten kann, ohne dass die Beteiligung verschiedenster militanter, radikalislamischer und antisemitischer Gruppen an dieser Kampagne thematisiert wird. Sieht so „Toleranz und Weltoffenheit“ im Kulturkosmos aus?

So, wie der Konflikt im Nahen Osten auf der Fusion 2011 dargestellt wurde, handelt es sich nicht um eine „Konfrontation mit Neuem und Unbekanntem“, sondern um das wiederkäuen antisemitischer und antizionistischer Ressentiments, die man so auch an so gut wie jedem deutschen Stammtisch erwarten kann.

Wie lässt sich eine von Euch initiierte Gedenkveranstaltung für die Opfer des KZ Retzow (wann war das eigentlich?) und eine Einbindung der Kampagne „Wake Up - Stand Up! Keine Stimme den Nazis in MV“ auf der Fusion 2011 vor diesem Hintergrund erklären?

Eine unserer Meinung nach recht gelungene Auseinandersetzung mit dem Programm des „FREE OLIVE TENT“ und anderer fragwürdiger Programmpunkte auf der Fuison 2011 findet ihr hier und ist Euch wahrscheinlich schon bekannt:

http://www.beatpunk.org/stories/karneva ... zionisten/

Wir wissen nicht, welche Utopie ihr mit der Fusion 2011 erlebbar machen wolltet. Was wir dort erleben mussten, war die Utopie der AntisemitInnen und AntizionistInnen, die Israel von der Landkarte streichen wollen.

Ihr behauptet, dass Euer „hoher Anspruch“ sich immer wider an Euren „Widersprüchlichkeiten und Unfähigkeiten abarbeitet.“ Wenn ihr es damit ernst meint, sollten folgende Programmpunkte für das Fusion Festival 2012 obligatorisch sein:

- FREE GAZA FROM HAMAS TENT
Möglicher Erläuterungstext für das Programmheft: „Zwischen Kinohangar und Weidendom findet ihr in diesem Jahr das FREE GAZA FROM HAMAS TENT. Diese kulinarische Chillout-Base wird neben dem Genuss von regionalen Spezialitäten eine Plattform kreativen Austauschs sein. Ein Kollektiv Kulturschaffender mit Nahostbezug stellt dort eine Bewegung vor, welche Kunst als Mittel des Widerstands wählt, um sich gegen die menschenverachtende Gewaltherrschaft der Hamas zu stellen.“

- Das Anbieten von Dokumentarfilmen, Vorträgen und Lesungen, die dem Thema gerecht werden

(Vorschläge machen wir Euch gerne auf Anfrage)

Formulierungen, wie Ihr sie in eurem Programmheft 2011 benutzt habt, finden sich sonst vor allem bei Neonaziparteien und Autonomen Nationalisten, oder wie hier auf altermedia:

„Ohne die zionistisch-westliche Medienpropagandahoheit und die dadurch manifestierte Holocau$$$t-Luege,kein Raubzug gegen den unschuldigen deutschen Steuerzahler und keine Besatzung Palaestinas genannt Israel. Der groesste Unrechts- und Terrorstaat den die Erde jemals gesehen hat.“

(http://artikel.altermedia-deutschland-a ... 68703.html)


Wie lässt sich das mit dem Anspruch, den Ihr angeblich an Euch selbst stellt, vereinbaren?
Wir würden uns freuen, wenn Ihr Euch der Diskussion stellt und erwarten Eure Antwort.

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Zuletzt geändert von Heckling am Di 13. Mär 2012, 21:26, insgesamt 1-mal geändert.
freq
Beiträge: 2712
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Re: Ferienantisemitismus

Beitrag von freq »

Ich muss gestehen, das ich den ganzen Fetz der Linken nicht ansatzweise beurteilen kann, aber diese Meldung (leider nur vom Spiegel) lässt mir die israelische Regierung (nicht das Volk) auch nicht wirklich in einem besseren Licht erscheinen...

ISRAEL
Afrikaner unerwünscht

Mit drastischen Maßnahmen will die Regierung ein "nationales Problem" bekämpfen: die zunehmende Zahl illegaler Einwanderer, die über die Grenze aus Ägypten gekommen sind. Rund 40 000 Afrikaner - 0,5 Prozent der Gesamtbevölkerung - leben derzeit in Israel, die meisten von ihnen stammen aus dem autoritär regierten Eritrea sowie aus Bürgerkriegsgebieten im Sudan und Südsudan. In westlichen Ländern werden 84 Prozent der Eritreer als politische Flüchtlinge anerkannt, in Israel bekam 2011 bislang nur ein einziger Afrikaner Asyl - ein Albino aus der Elfenbeinküste. Die Flüchtlinge erhalten in Israel keine staatliche Hilfe, die meisten sind illegal in Hotels und Restaurants beschäftigt, Tausende arbeiten sogar für den Staat als Straßenkehrer. Mit dieser stillschweigenden Duldung soll es nun vorbei sein. Selbst Regierungsmitglieder hetzen gegen "illegale Eindringlinge", die bekämpft werden müssten. Sie nähmen Israelis die Arbeit weg und brächten Gewalt und Krankheiten ins Land - eine populistische Behauptung, für die es keine Belege gibt. Die Regierung setzt nun auf Abschreckung. Wer Illegale beschäftigt, soll künftig hohe Geldstrafen bezahlen. Zudem ist der Bau eines gefängnisähnlichen Lagers für 11 000 Flüchtlinge geplant, in dem sie bis zu drei Jahren festgehalten werden können. Außerdem will Israel den Südsudan beim Bau einer neuen Stadt unterstützen, in die 10 000 Flüchtlinge abgeschoben werden können, berichtet eine israelische Zeitung, die Regierung Südsudans soll ein Kopfgeld für jeden Flüchtling erhalten.

http://www.spiegel.de/spiegel/print/d-83422518.html

Spätestens beim rot unterlegten Teil sollte sich auch ein Hardcore-Linker mal am Kopf kratzen :mrgreen:

Schade, das die Linke sich so sehr über diese Frage zerfleischt, anstatt sich zu bündeln...und das denke ich tatsächlich schon seit vielen Jahren :roll:

Unterm Strich bleibt die Frage, welcher Rassismus der bessere/richtigere ist...ich denke keiner!
invader
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Re: Ferienantisemitismus

Beitrag von invader »

"...Und wenn heute sogenannte Antideutsche glauben, ihre nationalen Identitätsprobleme als in Deutschland lebende Deutsche durch eine überspannte »Israel-Solidarität«, abstruses Schwenken von Israel-Fahnen und sonstiges ideologisches Getue, das durch ein falsch verstandenes Nie-wieder-Deutschland über »Israel« an den »Juden« etwas historisch »wiedergutzumachen« vermeint, überwinden zu können, dann sind das im besten Fall gutwillige Ignoranten, im großen Ganzen aber doch eher Gesinnungsschmarotzer, die ihr unreflektiertes Identitäts- und Befindlichkeitsdefizit in eine moralisch sich wähnende, letztlich regressive politische Reaktion kanalisieren, ohne sich bewußt zu werden, daß sie durch die Ersetzung des Antisemitismus durch Islamophobie gerade das Andenken jener mißbrauchen und kontaminieren, in deren Namen sie meinen, sprechen zu dürfen und derer sie sich projektiv bedienen, um sich selbst zu setzen...."

Zitat von Moshe Zuckermann

Antifa statt Antideutsch!!!
invader
nicaido
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Re: Ferienantisemitismus

Beitrag von nicaido »

der nahost-konflikt eine sehr zarte angelegenheit. ich denke, als außenstehender, der in deutschland im frieden leben kann, sollte sich nicht besonders in diesen konflikt einmischen. was nicht bedeutet, es soll uns egal sein und man darf sich keine Gedanken machen.
Das Problem liegt meiner Meinung nach eher darin, dass man als Außenstehender überhaupt nicht nachvollziehen wie das ist, wenn man mitten im Problemfeld lebt. Wir Europäer, die wissen wo unsere Landesgrenze aufhört und beginnt, können nur sehr schwer in dieser Thematik Lösungsvorschläge geben.

Das habe ich gelernt, als ich in Israel war und mit beiden Seiten sprechen konnte: mit der Palästinensischen und mit der Jüdischen. Es war nicht einfach. Eine sehr subjektive Angelegenheit.
Und jede dieser Seiten liegt im Recht, aber auch gleichzeitig im Unrecht.

Von daher wäre es vielleicht besser diese Art von Thematik auf einem Festival nicht unbedingt ins Programm zu nehmen. Damit meine ich nicht ignorieren. Vielleicht ist es sinnvoller Themen zu nehmen, zu denen sich jeder irgendwie objektiv äußern kann.

Nur so meine Meinung.
Wuk
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Re: Ferienantisemitismus

Beitrag von Wuk »

Bitte hier keine Antideutsche- / Israeldebatte.
Diese Debatten verlaufen immer derart deutsch, dass mir und vielen Anderen nur das Kotzen kommt.
nicaido
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Re: Ferienantisemitismus

Beitrag von nicaido »

@ wuk

Richtig, ganz deiner Meinung. Vielleicht sollte dieser faden hier geschlossen werden.
buki
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Registriert: Sa 12. Nov 2011, 22:55
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Re: Ferienantisemitismus

Beitrag von buki »

Ländergrenzen abschaffen!


ganz einfach ^^
Hermann, die Elfe
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Re: Ferienantisemitismus

Beitrag von Hermann, die Elfe »

@Heckling: Habt Ihr einfach mal bei der Fusion-Crew gefragt, ob Ihr da ein "Zelt gegen Antisemitismus" (oder klerikal-faschistische Bewegungen) machen könnt? Oder verlangt Ihr das nur von anderen, und wenn sie's nicht machen, wird ihnen unterstellt, sie wären mit antisemitischen Positionen einverstanden?

Und auch wenn ich mich mit dem Thema jetzt nicht mega-toll auskenne, sind doch Teile des Westjordanlandes, die z.B. nach den Abkommen im Oslo-Friedensprozess unter pälestinensischer oder geteilter Verwaltung stehen sollten, immer noch unter alleiniger Verwaltung Israels? In so einer Situation zu behaupten, es gäbe eine (menschen-)rechtswidrige Besatzung durch Israel, ist was ganz anderes, als Israel das Existenzrecht abzusprechen, wie es z.B. Nazis tun. (keine Ahnung, was in dem Zelt behauptet wurde, und die Formel von der rechtswidrigen Besatzung ist wohl auch oft absichtlich vage gehalten, aber um so wichtiger ist es eben, zu differenzieren, wenn man sleber was schreibt)
NathanaelDK
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Registriert: Sa 12. Nov 2011, 15:13

Re: Ferienantisemitismus

Beitrag von NathanaelDK »

Was für ein Unsinn. Niemand hat was gegen Juden, sondern nur gegen die Unterdrückung der Palästinenser durch die illegale israelische Besetzung, die als solche auch international anerkannt ist, z.B. von den United Nations. Sieht nicht so aus, als wäre auf der Fusion irgendwas anderes verbreitet worden.

Verletzte Gefühle hin oder her, ständig die Nazikarte zu ziehen und irgendwelche Holocaust-Fakten zu zitieren, wenn sich jemand für palästinensische Rechte einsetzt, geht mir aufn Sack.
ghusi
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Registriert: Mi 21. Dez 2011, 17:03

Re: Ferienantisemitismus

Beitrag von ghusi »

@Nathanael unglaublich sinnig, als Anarchist_in Kommunisti_in etc. als antistaatlicher Mensch mit den United Nations zu argmuentieren.

Ich habe das Zelt letztes Jahr gesehen und dort ist echt schon sehr fragwürdige Kackscheisse verbreitet worden.
Nationalismus auf Palistinänsisch und der ein oder andere Ekelhafte Spruch gegen jüdische Menschen (richtig gegen jüdische Menschen, nicht gegen einen Staat).
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